Staatsanwaltschaft klagt zwei Polizisten an. Die Beamten müssen sich wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verantworten.

Hamburg. Die Vorwürfe gegen zwei Hamburger Polizisten wiegen schwer: Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsberaubung. Die Staatsanwaltschaft hat Anklagen gegen zwei Beamte erhoben, die ihre Kompetenzen im Dienst laut Ermittlungen weit überschritten haben.

Nach einem kürzlich veröffentlichten Bericht von Amnesty International handelt es sich bei den Verfahren um positive Ausnahmen. Die Menschenrechtsorganisation bemängelt, dass viele Ermittlungen gegen Polizeibeamte oft nur halbherzig betrieben würden.

Im ersten Fall hat ein 37 Jahre alter Polizist eine Frau bei einer laut Ermittler nicht gerechtfertigten Festnahme verletzt. Andreas K. war mit Kollegen im vergangenen September zu einer Ruhestörung in einer Wohnung auf St. Pauli gerufen worden. Nachbarn hatten sich über eine bis in die frühen Morgenstunden gehende Party beschwert.

Die Beamten lösten die Feier auf. Eine 34 Jahre Frau wollte die Wohnung mit einer Bierflasche in der Hand verlassen und schimpfte über das jähe Ende der Party. Andreas K. sah dies als Bedrohung an und zog sie weg. Dabei kam es zu einem Gerangel zwischen den beiden, bei dem die 34-Jährige das Funkgerät des Polizisten wegwarf. Dieser zog ihr daraufhin die Füße weg, während er die Arme der Frau auf deren Rücken festhielt. Laut Staatsanwaltschaft sei sie dann "ungebremst mit dem Gesicht" auf den Boden gefallen. Dabei erlitt sie Nasenbluten sowie Prellungen am Auge und am Unterkiefer.

"Wir werten dies als unverhältnismäßige Maßnahme", sagt Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. Es habe kein aggressives Verhalten der Frau vorgelegen und demnach keine Bedrohung. Die Gegenanzeige des Polizisten wegen Widerstands hat die Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit eingestellt.

In dem zweiten Fall ist ein 50 Jahre alter Polizist wegen Nötigung und ebenfalls Körperverletzung im Amt angeklagt. Bernd N. soll im Oktober vergangenen Jahres einen Gefangenen im Zellentrakt der Wache in St. Georg geschlagen haben. Der 34-Jährige, der wegen eines Drogendeliktes festgenommen worden war, hatte zuvor in seiner Zelle randaliert und geschrien, dass er auf die Toilette gehen wolle. Als eine Beamtin die Zellentür öffnete, sagte er, dass er nun seinen Anwalt sprechen wolle.

Laut Staatsanwaltschaft hat Bernd N. daraufhin die Initiative ergriffen. "Jetzt reicht es", soll er gesagt und den 34-Jährigen in den Toilettenraum gestoßen haben, anschließend im Schwitzkasten herausgezogen und am Boden auf ihn eingeschlagen haben. Der Gefangene erlitt nach Erkenntnis der Ermittler Hand- und Knieverletzungen. Oberstaatsanwalt Möllers: "Der Beamte mischte sich grundlos ein. Seine Kollegin hatte die Situation im Griff gehabt."

Trotz dieser beiden Fälle kommt Amnesty International zu dem Ergebnis, dass bundesweit Ermittlungen bei Anzeigen gegen Polizisten mangelhaft waren. In den vergangenen sechs Jahren haben sich 869 Menschen an die Organisation gewandt, die Probleme bei Verfahren hatten, teilte der Verein mit. "Es besteht ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft", sagt Andreas Schwantner von Amnesty. Er fordert daher eine unabhängige Ermittlungskommission, bei der Beamte angezeigt werden können. Außerdem sollten Beamte mit Schildern gekennzeichnet werden.

"Unsere Schutzleute tragen in der Regel Namensschilder", sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. Bei Demonstrationen seien lediglich die Hundertschaftsführer gekennzeichnet. Damit sollen Racheaktionen an Beamten verhindert werden.

Für eine unabhängige Kommission sieht Streiber keinen Bedarf. Es gebe eine Beschwerdestelle beim Polizeipräsidenten, im Internet könnten Anzeigen eingereicht werden, und zudem gebe es das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE). Dort ermitteln Polizisten gegen die Vergehen von Polizisten. Das DIE untersteht der Behördenleitung und ist somit aus dem Polizeiapparat herausgelöst. Die Verfahren leitet die Staatsanwaltschaft. Und noch etwas spreche laut Streiber gegen eine unabhängige Kommission: "Bei der Verfolgung von Straftaten sind laut Gesetz nur die Ermittlungsbehörden zuständig."