Die Polizeigewerkschaft sieht sich nach den Schikane-Vorwürfen gegen Hamburgs Polizeiführung bestätigt. Präsident Jantosch schweigt.

Alsterdorf. Der in die Kritik geratene Polizeipräsident Werner Jantosch will sich auch zwei Tage nach Veröffentlichung eines "Brandbriefes", in dem ihm mehrere, zum Teil angeblich leitende Mitarbeiter der Polizei anonym einen "diktatorischen Führungsstil" vorwarfen, nicht äußern.

In dem Schreiben wird der polizeilichen Führungsriege um Werner Jantosch weiter vorgeworfen, die Reiterstaffel trotz aller Sparzwänge durchdrücken und einsatztaktische Fehler aus Angst vor schlechter Presse nicht aufarbeiten zu wollen. Kritiker würden ausgebootet und schikaniert. Innensenator Ahlhaus, so die Verfasser weiter, habe nur noch seine Bürgermeisterkandidatur im Auge, packe nicht mehr zu, wo es nötig wäre.

Konkreter wurden die Polizeibeamten, die ihren "Brandbrief" der Hamburger Morgenpost zugeleitet hatten, nicht. Möglich erscheint jedoch, dass sie sich auf einen Fall von 2008 beziehen. Damals war der frühere Chef der Davidwache, Wolfgang Weidemann, bei der Zentraldirektion und dessen Leiter Kuno Lehmann angeeckt, weil er nach deren Dafürhalten einfach zu nett zu seinen Mitarbeitern war. Der auf St. Pauli hoch angesehene Kriminaloberrat musste nach nur drei Jahren an der Spitze der weltberühmten Wache gehen, womöglich, weil er den gewünschten Führungsstil nach Art von Befehl und Gehorsam nicht weiter vermittelte. Er wurde Leiter der Abteilung Straßendeal. Zur Degradierung hieß es damals offiziell bei der Polizei: "Gute Leute werden bei uns überall gebraucht."

Der Brandbrief im Wortlaut

Zu den Vorwürfen, die Reiterstaffel werde nicht wie angekündigt 200.000 Euro, sondern 700.000 Euro Kosten verschlingen, heißt es von Präsidiumsseite: "Der Vergleich hinkt vollkommen, da die höhere Summe die Personalkosten enthält. Aber die fallen auch ohne Reiterstaffel an, weil wir keine neuen Beamten eingestellt haben."

"Bei Herrn Jantosch findet keine Selbstkritik statt"

SPD-Innenexperte Andreas Dressel greift Jantosch sowie Noch-Innensenator Christoph Ahlhaus indes ebenfalls an: "Eine moderne Großstadtpolizei wie die Hamburger kann man nicht mit Methoden aus den späten 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts führen." Der Unmut innerhalb der Hamburger Polizei sei verständlich. Die Linksfraktion kündigte unterdessen an, im Herbst einen Antrag auf die neuerliche Gründung einer Polizeikommission beim Senat einbringen zu wollen.

Im Polizeipräsidium, wo der Brief höchst kontrovers diskutiert wird, hat nach Abendblatt-Informationen unterdessen die Suche nach den Verfassern des Brandbriefes begonnen. "Bei Polizeipräsident Werner Jantosch findet keine Selbstkritik statt. Der fragt sich jetzt nicht, was er möglicherweise besser machen könnte, sondern nur, wem er in den vergangenen Jahren auf die Füße getreten hat, dass dieser sich nun rächen wollte", sagte ein Beamter, der anonym bleiben möchte.

Uwe Koßel, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), in deren Umfeld die Brandbrief-Autoren vermutet werden, hatte nach der Veröffentlichung Aufklärung gefordert. Nach Deutung der GdP missfiel Jantosch auch dies. Als Koßel am Freitag um einen Gesprächstermin in dessen Vorzimmer bat, hieß es laut Koßels Aussage lediglich: "Der Polizeipräsident hat keinen Termin für Sie." Dazu sagte der GdP-Chef: "Und dabei hat Jantosch doch betont, dass er für den offenen Dialog sei."