In London steht Whoopi Goldberg als Mutter Oberin auf der Bühne. Sonst sitzt sie Gott auf der Schulter - zum Späßemachen, sagt sie

London. Es ist das Heben einer Augenbraue, ein kesser Blick oder ein leichter Hüftschwung - flugs ist ein voll besetztes Theater in Ekstase. Frenetischer Applaus, Jubelrufe. Funktioniert allerdings nur, wenn ein Weltstar auf der Bühne steht. Jemand wie Whoopi Goldberg. Da braucht es nur eine Nebenrolle und Menschen jeden Alters brüllen lautstark "Whhhhooooopppi!", pfeifen, klatschen. Und so toben und lachen die Besucher im ehrwürdigen Palladium Theatre im Londoner West End in diesen Wochen allabendlich, wenn die Schauspielerin in der eigentlich recht kleinen Rolle der Mutter Oberin im Musical Sister Act auftritt. Drei Wochen lang ist sie der Gaststar, unterstützt als Identifikationsfigur die singende und tanzende Crew. Da sie auch Co-Produzentin der Stage-Entertainment-Produktion für das Hamburger Stück ist, entschied sie vor ihrem Auftritt am Donnerstag mit, wer die Hauptrolle der unangepassten Nachtklubsängerin Deloris van Cartier in der Hansestadt spielen soll.

Während diese zweieinhalb Stunden über die Bühne wirbeln muss, darf es für die mittlerweile 54 Jahre alte Whoopi gern etwas ruhiger zugehen. "Ich bin froh, dass ich jetzt einen Erwachsenenjob machen kann", sagte Whoopi lässig und grinst schelmisch. Im Gegensatz zum Film, mit dem sie 1992 ihren Durchbruch schaffte, singt sie dieser Tage allerdings selbst und live. Kein akustischer Hochgenuss, aber die Zuschauer lieben jeden Ton, sei er noch so heiser oder schräg. Und das weiß sie auch, nimmt es aber locker. "Ich bin schon mal froh, dass ich mich bisher in jedem Auftritt überhaupt an die richtigen Töne erinnert habe, das ist schon mal gut", beurteilte sie sich selbst und zeigte damit, dass sie zwar ein Weltstar, allerdings ohne die sonst zwingend notwendigen Allüren ist. Kein Rumgezicke, kein Stylist im Schlepptau. Ihre Dreadlocks trägt sie sowieso seit Jahren offen. Mit ihrer schnoddrigen, aber liebenswürdigen Art nimmt sie den Kandidatinnen die Nervosität. Ihr Weltstar-Dasein nutzt sie selten aus.

Außer, wenn es ums Rauchen geht, denn Zigarettenpausen müssen sein, dann müssen andere eben warten. Andernfalls würde auch die raue Stimme leiden, ihr Markenzeichen. "Wussten Sie, dass ich ein bisschen Deutsch kann?", fragt sie unvermittelt auf Englisch und präsentiert flüssig ihre Sprachkenntnisse: "Haben Sie eine Zigarette? Wo ist der Toilette? Schwarzwalderkirschtorte. Haben Sie Feuer?" Dann ihr kehliges Lachen. Woher sie das könne, das wisse sie auch nicht mehr so genau, aber egal. Unter ihrer weißen langen Bluse blitzt ein Tattoo hervor. Ja, sie möge das. "Ich habe noch mehr, auch auf dem Rücken, vom Nacken an."

Goldberg wollte übrigens wirklich mal Nonne werden. "Aber du brauchst dieses besondere Etwas, um dich dieser Sache so zu verschreiben. Gott hatte andere Pläne für mich", erzählt sie. Welche denn? "Er sagte, du sollst hier auf meiner Schulter sitzen und mich zum Lachen bringen. Gott ist immer bei mir. Ich weiß nicht, wie er aussieht. Aber ich spüre seine große Kraft seit meiner Kindheit." Dann nimmt sie einen Schluck aus der obligatorischen "Fiji"-Wasserflasche. Ein Mineralwasser aus der Südsee. Sehr teuer und sehr hip. Und das einzige Star-Accessoire, das sich bei Whoopi Goldberg entdecken lässt.