Zu den Cruise Days werden der Hafen und die Kreuzfahrtschiffe ins rechte Licht gerückt

Der 19. Juli 2004 war ein ganz normaler Montag. Eigentlich. Denn an jenem Julitag fuhr Commodore Ronald W. Warwick mit der brandneuen "Queen Mary 2" ein perfektes Anlegemanöver und dockte den - zwar nur zweitlängsten, aber sicherlich berühmtesten - Luxusliner der Welt, unter den Augen von gut einer halben Million Schaulustigen entlang des Elbufers am Kreuzfahrtterminal I im Hamburger Grasbrookhafen an.

Seitdem pflegen die Hamburger und die Seekönigin eine geradezu "mar-intime" Beziehung. Wann immer sich das 345 Meter lange Schiff für einen Zwischenstopp in Hamburg ankündigt, pilgern Hunderttausende erwartungsfroh an die Hafenkante.

Bis zu jenem Tag waren Kreuzfahrtschiffe zumeist nur relativ unbemerkt die Elbe in Schleichfahrt stromaufwärts gedieselt, weil sie ins Dock mussten. Doch dank des "Ritterschlags" für das Kreuzfahrt-Etappenziel Hamburg durch die britische Cunard-Line haben sich mit jedem Folgejahr die Besuche imposanter Kreuzfahrtschiffe in Hamburg praktisch verdoppelt.

Diese positive Entwicklung führte schließlich zur Idee, dieser ganz besonderen Schiffsgattung einen wirklich großen Auftritt zu ermöglichen, zur gegenseitigen Bereicherung: Kreuzfahrttouristik-Werbung als kulturell-angehauchtes Partyspektakel. Das imposante Schauschwimmen ging am letzten Juliwochenende des Jahres 2008 unter dem Titel "Hamburg Cruise Days" erstmals über den liquiden Laufsteg Elbe. Und der Premierenerfolg war so enorm, dass sich die Hamburg Marketing GmbH (HMG) dazu entschloss, die Hamburg Cruise Days als regelmäßig wiederkehrendes Kreuzfahrer-Fest zu etablieren. "Die Hamburg Cruise Days werden 2010 ebenfalls zu den attraktivsten Großveranstaltungen der Hafenmetropole Hamburg zählen", verspricht Thorsten Kausch, Geschäftsführer der HMG. "Die Begeisterung der Menschen und die vermittelten Bilder haben die Marke Hamburg als pulsierende Stadt am Wasser nachhaltig gestärkt. Wer sich für Kreuzfahrten interessiert, ist weltoffen, begeisterungsfähig und anspruchsvoll - Kreuzfahrten passen zu unserer Stadt!"

So zelebriert Hamburg vom 30. Juli bis zum 1. August 2010 zum zweiten Mal die Cruise Days, in deren Mittelpunkt konsequenterweise die Kreuzfahrtschiffe stehen. Und wie bei einer Wiederaufführung üblich wird beim zweiten Mal alles noch ein wenig glamouröser, größer, prächtiger - und vor allem "blauer" geplant.

So werden gleich sechs Kreuzfahrer an den beiden Terminals am Grasbrook sowie in Altona festmachen, darunter die beiden Kussmundschiffe "Aidaaura", 202 Meter lang, eine Mischung aus klassischem Kreuzfahrt- und legerem Klubschiff mit einem 3500 Quadratmeter großen Sonnendeck, und "Aidaluna", 252 Meter lang und 32,2 Meter breit, ein Klubschiff mit insgesamt 1025 Passagierkabinen sowie dem mit 2300 Quadratmetern größten schwimmenden Fitness- und Wellnessbereich im Stile eines "indischen Spa".

Die rundum erneuerte "Astor" setzt für ihre maximal 578 Passagiere auf moderne und elegante Exklusivität, während die Kleiderordnung auf der 13 Jahre alten "Columbus" der Hapag-Lloyd auf Lässigkeit ("smart casual") beruht. Dieses Schiff der "Drei Sterne plus"-Kategorie gilt in der Branche als "das ideale Schiff für Kreuzfahrteinsteiger". Das gerade reparierte Traumschiff "Deutschland" (es war Ende Mai vor Norwegen wegen eines Brandschadens im Maschinenraum havariert) besticht durch sein nostalgisches Flair der Goldenen Zwanzigerjahre. Das "Grandhotel zur See", das unter der Flagge der Peter-Deilmann-Reederei fährt, bietet 520 Passagieren (auch: Statisten) Platz, denn es spielt bekanntlich die Hauptrolle in der legendären ZDF-Serie. Das halbe Dutzend der Ozeanriesen wird durch "Mein Schiff", 264 Meter lang, komplettiert, mit der die TUI-Cruises nach eigenen Angaben "neue Maßstäbe in der Kreuzfahrt-Branche" setzen wollen: Die elegant eingerichteten Kabinen sind überwiegend mit großzügigen Balkonen und Veranden versehen.

Doch trotz der zahlreichen Musik- und Theaterveranstaltungen entlang des Elbufers, von den Norderelbbrücken bis herunter nach Wedel, sind die Cruise Days definitiv nicht als zweiter Hafengeburtstag angelegt. Die Veranstalter setzen auf "Dezentralisierung", auf Kunst und Kultur und gehobene Unterhaltung; auf zahlreiche "Walking Acts" von mehr oder weniger etablierten Schauspielgruppen entlang der gesamten Hafenkante, auf Konzerte wie den Auftritt eines Shanty-Chors unter der Leitung der Hamburger Rock-Ikone Achim Reichel (siehe Interview) und natürlich auch auf Informationen über das Kreuzfahrtbusiness. "Wer das übliche Remmidemmi will, braucht aber bloß ein paar Hundert Meter weiter aufs Heiligengeistfeld zu schlendern, wo zeitgleich das Hummelfest stattfindet", empfiehlt Carlo Blumenberg, Entrepreneur der Kreuzschiffparty und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit.

Am Sonnabend verwandelt sich dann mit Einbruch der Dämmerung der gesamte Hafen in einen farbenprächtigen Sommernachtstraum und durch die zahlreichen Partyboote und improvisierten Diskotheken gleichzeitig in einen gigantischen Tanzpalast; optisch untermalt von der feierlichen Auslaufparade der Kreuzfahrer, an der neben den Kreuzfahrtschiffen auch das berühmte Museumsschiff "Cap San Diego", der "Weiße Schwan des Südatlantiks", sowie das russische Schulschiff "Sedov", der größte noch fahrende Windjammer der Welt, teilnehmen werden.

Jetzt wird der Hafen zum Blue Port: Das hat sich zumindest der Hamburger Lichtkünstler Michael Batz, Leiter des Theaters in der Speicherstadt, einmal mehr vorgenommen. "Ich möchte mit diesem Projekt zeigen, dass der Hafen nicht nur aus Nutzflächen besteht, sondern auch ein urbaner Bedeutungsraum ist für Gefühle und Sehnsüchte - und ein Magnetfeld, das die Menschen immer wieder anzieht", beschreibt der Künstler seine Arbeit. Im Vergleich zu den Hamburg Cruise Days vor zwei Jahren werden 2010 mit 60 Objekten daher etwa doppelt so viele Gebäude und Objekte zu beiden Seiten des Stroms "eingebläut"; darunter erstmals die Docks 10 und 11 sowie das Riesenrad auf dem Sommerdom. "Die blau illuminierten Gebäude und Objekte beiderseits der Elbe bilden eine Schleuse, durch die die Schiffe in einen imaginären Hafen fahren, in den inneren Bezirk der Hamburg Cruise Days", erklärt der Lichtkünstler, für den es fast schon eine Art Lebensaufgabe geworden ist, auch schwerste Objekte mittels der Farbe Blau "zum Schweben zu bringen".