Neue Großfrachter wie die “Christophe Colomb“ brauchen zusätzlichen Platz. Reederei CMA CGM konzentriert wieder mehr Verkehr in Hamburg.

Hamburg. Oft schon kam Pierre Gilles Coat die Elbe herauf, hoch über dem Wasser, mit einem weiten Blick in den Hamburger Hafen hinein. Aber so komfortabel wie am Dienstagabend war es noch nie. Da stand der 52 Jahre alte Kapitän auf der Brücke der "Christophe Colomb", dem Flaggschiff der französischen Reederei CMA CGM. "Wir haben keine Motorengeräusche gehört, keine Vibrationen gespürt. Zwischendurch dachte ich, wir stünden still", sagte der Bretone gestern Vormittag beim Empfang auf der "Christophe Colomb" am HHLA-Terminal Burchardkai.

Die ruhigen Verhältnisse auf dem Kommandostand des 366 Meter langen Containerschiffs sind der modernen Konstruktion geschuldet. Die Brücke steht, anders als bei den bislang gängigen Typen, weit vorn auf dem Schiff. Das Maschinenhaus liegt separat davon fast 180 Meter weiter hinten. Weit weg sind damit auch die wummernden Vibrationen der Motoren. Viel wichtiger noch für die Reederei ist allerdings, dass die Ladekapazität dieses Schiffstyps dank der vorn liegenden Brücke rund 13 800 Containereinheiten beträgt. Damit zählt die "Christophe Colomb" zu den größten Containerschiffen, die bislang je eingesetzt wurden, und sie ist das größte, das bislang nach Hamburg kam.

Am Dienstagabend gegen 20 Uhr machte das Schiff am Burchardkai fest, gut 24 Stunden später geht es wieder hinaus auf Elbe und Meer in Richtung Fernost. 3600 Container, das entspricht in diesem Fall rund 5300 Containereinheiten (TEU), haben die fünf neuen Hochleistungsbrücken der HHLA bis dahin umgeschlagen. "Das ist schon ein Wort", sagte HHLA-Vorstand Stefan Behn auf dem Empfangsdeck des Schiffs. "Seit 2006 haben wir mit CMA CGM über die Einführung dieser neuen Generation riesiger Containerfrachter gesprochen. Die Schiffe sind da, die Infrastruktur auf dem Burchardkai ebenfalls. Was jetzt fehlt, ist die Fahrrinnenanpassung auf der Elbe, die nötigen Vertiefungen und Verbreiterungen, damit solche Großfrachter wirtschaftlich sinnvoll Hamburg anlaufen können."

Es kommt Zeitdruck in das Projekt der geplanten Elbvertiefung und -verbreiterung. Durch die zurückliegende Wirtschaftskrise fiel der Containerumschlag im Hamburger Hafen von rund zehn Millionen TEU im Jahr 2007 auf gut sieben Millionen TEU im vergangenen Jahr zurück. Nun zieht die Zahl der transportierten Stahlboxen wieder an. Unabhängig davon setzen Reedereien wie CMA CGM oder MSC seit Monaten die neue Generation von Megaschiffen mit Frachtern wie der "Christophe Colomb" in Fahrt. Aufgrund ihrer Größe und den geringen Transportkosten je Container sind diese Schiffe auf den Fernrouten zwischen Asien und Europa die wirtschaftlichsten Typen.

CMA CGM ist einer der wichtigsten Kunden des Hamburger Hafens. Während der Wirtschaftskrise hatte die drittgrößte Linienreederei der Welt aus Kostengründen zeitweise Zubringerverkehre in Richtung Ostsee und retour aus Hamburg abgezogen und in Häfen wie Rotterdam und Zeebrugge verlegt. Jetzt sollen die für Hamburg so wichtigen Transitverkehre zurückkommen, weil CMA CGM die zentrale Stellung Hamburgs vor allem für die logistischen Abläufe nach Mittel- und Osteuropa kennt und schätzt. Das Containerschiff "Hooge" hat direkt hinter der "Christophe Colomb" festgemacht, um einen Teil ihrer Container weiter in die Ostseeregion und nach Russland zu transportieren. "Unser Geschäftsmodell ist es, die gesamte Transportkette, also den Interkontinentalverkehr und die Zubringerdienste, selbst zu kontrollieren und zu betreiben", sagte der Manager Nicolas Sartini dem Abendblatt, der für die Liniendienste der Reederei verantwortlich ist. "Wir werden Schritt für Schritt drei Zubringerdienste nach Polen, in die baltischen Staaten und nach Russland aus den Beneluxhäfen zurück nach Hamburg verlegen."

Die planerische Umsetzung der für Hamburg so wichtigen Elbanpassung liegt bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord des Bundes mit Sitz in Kiel. Deren Präsident Hans-Heinrich Witte ist optimistisch, dass die Baumaßnahmen nach vielen Verzögerungen 2011 beginnen - trotz des juristischen Widerstands von Umweltverbänden gegen das Planfeststellungsverfahren, das im Herbst abgeschlossen sein soll: "Wir sind in einem Rechtsverfahren und wollen damit vor Gericht bestehen", sagte Witte dem Abendblatt auf der "Christophe Colomb".