Alexander Porschke, 56, ehemaliger Hamburger Umweltsenator, ist Landesvorsitzender des Nabu Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Braucht Hamburg die Elbvertiefung, weil die Stadt sonst auf den Stand eines Regionalhafens zurückfallen könnte?

Alexander Porschke:

Die Elbvertiefung ist aus der Sicht des Naturschutzbundes Deutschland nicht nötig, es droht auch nicht die Gefahr, die Stellung als Welthafen einzubüßen. Die großen Frachter werden auch künftig nach Hamburg kommen. Ihre Ziele hängen davon ab, wohin die Ladung geht. Für Norddeutschland und Osteuropa, wohin der Hafen gut angebunden ist, bleibt er erste Wahl. Dass Zubringerdienste abgewandert sind, halte ich für normal im Wettbewerb. Nur einzelne Containerchargen könnten gelegentlich nach Antwerpen, Rotterdam oder später Wilhelmshaven umgeleitet werden.

2. Ist die Vertiefung um einen Meter nicht ohnehin ein Kompromiss, weil sie für die größten Schiffe der Welt noch nicht ausreicht?

Gerade die ganz großen Schiffe kommen selten so voll beladen in die Hansestadt, dass ihr Tiefgang voll ausgenutzt wird. Für Anläufe unter normalen Bedingungen reicht die Flusstiefe aus.

3. Während Ihrer Amtszeit als Umweltsenator haben Sie aber einer Elbvertiefung zugestimmt. Eine richtige Entscheidung?

Wir haben die Vertiefung um einen Meter, der in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD vereinbart war, nicht verhindern können. All ihre Konsequenzen konnten auch wir damals nicht vorhersehen. Heute ist klar: Die hohe Strömungsgeschwindigkeit bringt viele Schwebstoffe, die den Fluss eintrüben. Das schwächt Organismen und Lebewesen, weil sie zu wenig Sauerstoff erhalten. Außerdem verursacht es immense Kosten für laufende Baggerarbeiten.

4. Wäre die Vertiefung um einen halben Meter jetzt ein geeigneter Kompromiss?

Der Fluss ist schon heute bis an seine Obergrenze belastet. Daher wäre das Ausbaggern um einen halben Meter eine weitere Verschlechterung. Sicher wäre es aber weniger schädlich als eine Vertiefung um einen Meter.

5. Ist denn Niedersachsen, das sich gegenüber der Vertiefung reserviert verhält, für Sie ein Verbündeter?

In Niedersachsen gibt es eine gemischte Interessenlage. Die Landespolitiker und der neue Ministerpräsident David McAllister stehen sicher aufseiten der Menschen, die sich hinter den Deichen vor einem stärkeren Hochwasser fürchten. Besonders im Mündungsbereich gibt es durch die jetzt schon zu starke Strömung Risiken für die Deiche. Da waren die bisher ausgeführten Arbeiten an dem Fluss eine Sünde. Niedersachsen legt die Finger in eine Wunde. Bei den wirtschaftlichen Interessen ist es nachvollziehbar, dass sie ihre eigenen Häfen im Blick haben und auf die Chancen für Wilhelmshaven achten. Im Übrigen halte ich ein nationales Hafenkonzept für Deutschland für sinnvoll. Statt die Häfen mit Millionen auszubauen, wäre es richtiger, auf eine angemessene Arbeitsteilung hinzuwirken.