Die parlamentarische Sommerpause in der Hauptstadt gerät mehr und mehr zu einer One-Man-Show des liberalen Wirtschaftsministers Rainer Brüderle. Der Mann scheint entschlossen, ordnungspolitische Pflöcke der Koalition im Alleingang einschlagen zu wollen. Jedenfalls nutzt er die urlaubsbedingte Abwesenheit vieler Kabinettskollegen für einen Vorstoß nach dem anderen. Der Knoten scheint geplatzt zu sein, als er mit seinem strikten Nein zu Opel-Hilfen auf Kosten der Steuerzahler sogar die zahlungswillige Kanzlerin zum Einlenken zwang. Allerdings mit Unterstützung des Wirtschaftsflügels der CDU, der Brüderles Grundauffassungen in der Tat häufig teilt - egal ob es dabei um die Abkehr von der Rentengarantie oder eine maßgebliche Laufzeitenverlängerung für Deutschlands Kernkraftwerke geht.

Der Wirtschaftsminister, der vielleicht etwas frühzeitig als Leichtgewicht des Kabinetts abgetan wurde, wäre allein deshalb gut beraten, sich mit Provokationen in Richtung des Unions-Mittelstandes zurückzuhalten. Sicher mag es angesichts des Umfragensinkflugs verlockend sein, die FDP zum alleinigen Reformmotor der Koalition auszurufen. Aber politische Erfolge, diese Lehre sollten alle Akteure von Schwarz-Gelb inzwischen begriffen haben, lassen sich nur mit- und nicht gegeneinander erzielen. Brüderle dürfte dem Koalitionsklima mit seinen neuen Äußerungen kaum einen Dienst erwiesen haben.