Was Volksentscheide für unangenehme Folgen haben können, mussten die Grünen in Hamburg gerade erleben. Die Primarschule wäre längst Gesetz, wenn sie darauf verzichtet hätten, die Ergebnisse von Volksentscheiden verbindlich zu machen. Aber so geht es eben zu in der direkten Demokratie, als deren Vorkämpfer sich Grüne und SPD gern begreifen.

Nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundes- und Europaebene. Wie scheinheilig dieser Einsatz für mehr Bürgerbeteiligung ist, zeigt sich am Beispiel der Debatte um ein Referendum über den EU-Beitritt der Türkei, die den sonst so engagierten Streitern für die direkte Demokratie wegen des absehbaren Ausgangs gar nicht zusagt. Gute und schlechte Volksentscheide kann es aber nicht geben. Wer A sagt, muss auch B sagen - und mit Ergebnissen leben, die ihm nicht passen.

Weil Volksentscheide populistische Argumentationen und verkürzte Problemdarstellungen eher befördern, sollten die EU-Staaten sich ohnehin überlegen, ob sie verbindliche Referenden einführen wollen. Deutschland ist seit 1949 mit seiner repräsentativen Demokratie jedenfalls sehr gut gefahren. Dafür, das bewährte Prozedere auf Bundesebene zu ändern, gibt es also keinen Anlass. Auch wenn die Idee, zum einen oder anderen Thema einen Volksentscheid durchführen zu lassen, durchaus reizvoll erscheint, etwa, wenn es um die gerade debattierte Abschaffung der Wehrpflicht geht.