Glänzende Exporterfolge sind kein Grund für Selbstzufriedenheit.

Wer geglaubt hatte, die gesamte deutsche Autoindustrie werde im Jahr nach der Abwrackprämie in ein tiefes Loch fallen, hat sich gründlich getäuscht. Dank glänzender Exportzahlen sind Volkswagen, Daimler und Co. stattdessen auf Rekordfahrt. Autos dieser Marken sind weltweit begehrt, auch wenn sie auf dem Weltmarkt beileibe nicht zu den Preisschlagern zählen. Das ist höchst erfreulich für Deutschlands noch immer wichtigste Industriebranche.

Die Exporterfolge zeigen deutlich, dass es sich trotz aller Unkenrufe ausgezahlt hat, weiter auf hochwertige Technik zu setzen. Günstige Kleinwagen können Koreaner, Franzosen und Italiener ohnehin wirtschaftlicher produzieren.

Und doch wäre es für die deutschen Autobauer gefährlich, sich nun selbstzufrieden zurückzulehnen - ganz abgesehen davon, dass gar nicht alle Anbieter von dem florierenden Auslandsgeschäft profitieren. So nützt es ausgerechnet dem Sorgenkind Opel allenfalls indirekt, wenn die Zulassungszahlen in den USA und in China steil nach oben zeigen. Denn diese Märkte werden vom Mutterkonzern General Motors bedient.

Doch auch die derzeit auf die Überholspur ausscherenden Premiummarken haben keinen Grund, in Euphorie zu verfallen. Hinter der nächsten Kurve lauert eine äußerst schwierige Wegstrecke: In spätestens zehn Jahren wird es darauf ankommen, konkurrenzfähige Elektroautos in nennenswerten Stückzahlen auf die Straßen der Welt bringen zu können. Bis heute haben aber gerade die deutschen Hersteller noch wenig Anlass geliefert, ihnen das zuzutrauen. Und viele ihrer traditionellen Stärken, etwa Sechszylinder mit dezent sportlichem Klang oder seidenweich schaltende Doppelkupplungsgetriebe bauen zu können, sind für Elektrofahrzeuge absolut irrelevant.

Es ist daher keineswegs unwahrscheinlich, dass der Automarkt der Zukunft eine völlig andere Struktur hat als der heutige. Unter den führenden Herstellern könnten in 20 Jahren Firmen sein, an die jetzt kaum jemand denkt - oder die noch nicht einmal existieren. Die deutschen Konzerne stehen somit vor einer doppelten Herausforderung: Sie müssen bei der kommenden Antriebstechnik aufholen und sie müssen gleichzeitig verhindern, dass ausländische Konkurrenten sie bei der herkömmlichen Technologie rechts überholen. Vor diesem Hintergrund wäre es weitsichtiger gewesen, wenn die Bundesregierung nicht fünf Milliarden Euro in die Abwrackprämie gesteckt, sondern mit nennenswerten Beträgen die Entwicklung von Elektroautos gefördert hätte - China und die USA lassen sich dies Milliarden kosten.