Wie die Fußballnationalelf das Land voranbringt.

Es gibt Spiele, die brennen sich ein in das kollektive Gedächtnis eines Volkes: das Wunder von Bern, das Tor von Wembley, die Schmach von Córdoba, die Nacht von Rom. Und nun das Meisterwerk von Kapstadt. Längst dämmert es auch den wenigen verbliebenen Fußballverächtern, dass der Auftritt der deutschen Nationalmannschaft das sogenannte Sommermärchen des Jahres 2006 fortschreibt. Wie vor vier Jahren jubelt ein ganzes Land seiner begeisternden Mannschaft zu, feiert ein Fußball-Fest und sich selbst. Charmant und fröhlich, weltoffen und stolz, spielerisch und leidenschaftlich - kurzum ganz anders, als wir Deutschen den Begriff "typisch deutsch" immer verstanden hatten.

Und in seiner Wiederholung verwandelt sich das Sommermärchen in eine herrliche Sommerrealität, hier präsentieren sich eben keine Märchenfiguren, sondern Menschen aus Deutschland. Und dieses Deutschland hat sich reformiert - es ist bunter, leichter, moderner: Wer den Özils, Khediras oder Podolskis zujubelt, beginnt zu begreifen, welche Chancen Vielfalt birgt. Und wer mit Migranten auf dem Fanfest feiert, spürt ihre Leidenschaft für Schwarz-Rot-Gold.

Natürlich ist dieser unverkrampfte Patriotismus auch und zuallererst der Lust auf Party geschuldet - ob Lena singt oder Özil flankt, ist gar nicht mehr so wichtig, Hauptsache ist, sie gewinnen. Und doch stiftet das Gemeinschaftserlebnis Identität. Die Selbstverleugnung, ja der Selbsthass vieler Deutscher ist Geschichte, ohne nun ins Gegenteil zu verfallen. Man trägt wie selbstverständlich Schwarz-Rot-Gold, ist nationalstolz und gleichzeitig kosmopolitisch und weltoffen. Nur ein paar linke Spießer verweigern sich der neuen Leichtigkeit. Und sogar den Rechten dämmert, wie viel besser und bunter das Land durch Einwanderung geworden ist. Auch wer den Fußball nicht schätzt, muss erkennen: Diese Mannschaft hat mehr bewirkt als jede teure Image-Kampagne à la "Du bist Deutschland" oder viele Integrationsbeauftragte. Sie zeigt, wie liebenswert das Land und wie lohnenswert Integration ist. Bundespräsident Christian Wulff sagte nach seiner Vereidigung, er wünsche sich eine "bunte Republik" - im Fußball ist sie längst Wirklichkeit.

Auch außenpolitisch wirkt diese WM derzeit strahlkräftiger als jeder Auftritt des Außenministers Guido Westerwelle. Wir sind, hier hat das Turnier 2006 Wunder bewirkt, beliebt wie nie zuvor. Der hässliche Deutsche gerät in Vergessenheit, und der deutsche Fußball wird nicht nur bewundert, sondern sogar geliebt. Wir sollten dem Fußball dankbar sein. Und dürfen auf zwei weitere Meisterwerke in Südafrika hoffen.