Der Doping-Experte Werner Franke liefert sich einen Rechtsstreit mit Grit Breuer: Hat ihr Ex-Trainer Springstein Mädchen gedopt?

Grit Breuer hält es nicht mehr aus. Es ist heiß im Gerichtssaal in Hamburg. Das allein erklärt aber nicht, warum die einstige Spitzensportlerin mit der feschen Fransenfrisur nun kräftig Dampf ablässt. "Ich lasse meinen Namen nicht mehr von Ihnen missbrauchen", entfährt es der 38-Jährigen.

Gemeint ist der Mann, der im Saal links sitzt, ein rundlicher Mann mit Brille und Halbglatze. Den Mund halb geöffnet, sieht er ein bisschen aus wie ein Krokodil, das zuschnappen will. Professor Werner Franke ist einer der führenden deutschen Dopingexperten, mehr noch: ein "Anti-Doping-Aktivist" . Franke kämpft seit Jahren wider das Doping an vorderster Front - das hat ihm den Nimbus des Aufklärers und einige Zivilprozesse eingebracht. Minuten vor der Verhandlung hat er wegen eines ähnlichen Rechtsstreits mit Ex-Rad-Profi Jan Ullrich im selben Gerichtssaal gesessen. "Hinter ihrem hehren Opferschutz", sagt indes Breuers Anwalt, "steckt nur Geltungswahn."

Im Fall Breuer hatte Franke öffentlich behauptet, Thomas Springstein, Trainer der einstigen Sprinterin, habe jungen Mädchen das Dopingmittel Oral-Turinabol verabreicht und sie "vermännlicht". Der Molekularbiologe hatte sich dabei auf eine Vernehmung der Sprinterin Frauke Tuttas bezogen. 1997 hatte sie zu Protokoll gegeben, Springstein habe sie und ihre Trainingskolleginnen zur DDR-Zeit gedopt. Grit Breuer reichte darauf vor dem Landgericht Unterlassungsklage gegen Franke ein. Nun holt ihre Doping-Vergangenheit sie wieder ein. Nicht nur sie, sondern auch die einstige Weltklasse-Sprinterin Katrin Krabbe-Zimmermann, die als Zeugin aussagen soll und neben ihr sitzt. Beide Sportlerinnen waren in den 90-er Jahren nach Doping-Vorwürfen gesperrt worden. "Ich bin raus aus dem Leistungssport, arbeite in einem renommierten Hotel. Ich möchte einen Schlussstrich ziehen", sagt Breuer. Sie habe das Mittel jedenfalls nicht bekommen oder genommen.

Auch für Krabbe, erst im Vorjahr wegen Steuerhinterziehung verurteilt, gibt es angenehmere Orte als einen Gerichtssaal. Befragt nach ihrem Beruf, gibt die gertenschlanke Frau "Kaufmännische Angestellte" an. Grit Breuer und sie hätten damals zwar dieselbe Sportschule besucht, jedoch so gut wie nie miteinander trainiert. "Frau Breuer war in einer anderen Trainingsgruppe und drei Jahre jünger als ich", sagt sie. "Wir hatten zu den jüngeren Sportlern keinen Kontakt." Als sie von Frankes Rechtsanwalt gefragt wird, ob sie damals Oral-Turinabol genommen habe, macht sie erst dicht. "Das ist nicht Gegenstand des Verfahrens", sagt sie. Dann antwortet sie aber doch: Sie könne sich nicht erinnern an einen Internisten der Sportschule, der nach Angaben von Franke die Pillen verabreicht haben soll. Nicht an regelmäßige Kontrollen der Leberwerte. Das Dopingmittel habe sie nie genommen. "Leiden Sie unter Amnesie?", ruft Franke.

Sein Anwalt bleibt misstrauisch, die Zeugin auf seinen Antrag hin zu vereidigen, lehnt das Gericht indes ab. Dafür legt Franke nach. "DDR-Sportler haben reihenweise Präparate bekommen", sagt er. "Heute haben wir zwei kennengelernt, die uns das Wunder erklärt haben, dass nicht gedopt wurde. Das ist Geschichtsklitterung." Der Prozess geht weiter. Franke: "Wir hoffen, die Phalanx der Lügen durchbrechen zu können."