Wer denkt beim Kauf von Joggingschuhen oder Plastikspielzeug darüber nach, unter welchen Arbeitsbedingungen und zu welchen Löhnen die neu erworbenen Produkte hergestellt wurden? Ob der Fabrikarbeiter im fernen China 60, 70 oder noch mehr Stunden in der Woche monotone Handgriffe machen musste und dabei giftige Dämpfe eingeatmet hat? Hauptsache, der Preis für Schuhe und Plastikauto stimmt. China ist weit weg. Und Sorgen hat man zu Hause und bei der eigenen Arbeit genug.

Doch dieses mysteriöse Land im Fernen Osten rückt immer näher. Nicht nur, dass die vielen Probleme der Bevölkerung via Internet - vorbei an der harten Zensur Pekings - in Europa publik werden. Immer mehr Chinesen emanzipieren sich, äußern sich kritisch zur Politik der Zentralregierung und begehren gegen Hungerlöhne ausländischer Konzerne auf. Diese Entwicklung ist nicht nur notwendig, sondern wohltuend. Denn sie gibt vielen Menschen in China wenigstens ein kleines Stück Menschenwürde im harten Alltag zurück.

Und was ändert sich für die Europäer, die Deutschen? Mag sein, dass sie an der Warenhauskasse ein wenig mehr bezahlen müssen für Produkte "made in China". Doch der Wandel an der einstigen Werkbank des Westens dürfte weit gravierendere Folgen hierzulande haben. Immer mehr heimische Unternehmen werden Produktionsstätten in Fernost errichten, folgen dem Ruf der neuen, kaufkräftigen Kunden. Während die Firmen in Europa auf gesättigte Märkte treffen, lockt China mit mehr als einer Milliarde Konsumenten der Zukunft. Neue Jobs, neue Fabriken, mehr Kaufkraft - Europas Konkurrent wird stärker.