Gegen den 27-Jährigen Mathias A. ist Haftbefehl erlassen worden. Es bestünde Fluchtgefahr. Angehörige und Freunde trauern am Tatort.

Einen Tag nach der tödlichen Messerattacke auf einen 22-Jährigen an der Bremer Straße in Eißendorf hat ein Haftrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen Mathias A. erlassen. Grund ist Fluchtgefahr. Der bereits vorbestrafte 27-Jährige wird die Zeit bis zu seinem Prozess entsprechend in Untersuchungshaft verbringen. Noch am Abend wurde er in das Gefängnis am Holstenglacis gebracht.

Nachdem er bereits am Vortag ein Geständnis abgelegt hatte, bekräftigte Mathias A., der zusammen mit seinem Anwalt vor dem Haftrichter erschienen war, aus Notwehr gehandelt zu haben. Die Polizei hält dies jedoch nach Abendblatt-Informationen für eine Schutzbehauptung. Der 27-Jährige wird sich jetzt wohl wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten müssen.

In der Nacht zu Mittwoch war der Türke in der Wohnung seiner Eltern festgenommen worden, nachdem er Pascal E. aus Neugraben-Fischbek mit sechs Messerstichen tödlich verletzt hatte. Der 22-jährige Zivildienstleistende, der bald eine Ausbildung beginnen wollte, war zusammen mit drei weiteren Freunden auf dem Heimweg von der Ackerfete, der Abi-Party des Immanuel-Kant-Gymnasiums, als er auf Mathias A. traf. Nach einem Streit um die Freundin von Pascal E. zog der 27-Jährige ein Messer und stach zu.

Wie das Abendblatt berichtete, ist Mathias A. bereits "erheblich kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten", wie ein Polizeisprecher sagte: wegen Marihuana-Besitzes und verschiedener Schlägereien. Zuletzt saß er im Gefängnis, weil er eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen musste. Nach einem Drogendelikt hatte er seine Geldstrafe nicht beglichen und war verhaftet worden.

Aus der Haft wurde er dann am 12. Mai dieses Jahres auch direkt in den Gerichtssaal gebracht. Vor dem Amtsgericht Harburg läuft derzeit gegen ihn ein Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung, nachdem er vor einem Jahr einen 19-Jährigen, ebenfalls an der Bremer Straße, mit einem Messer verletzte.

Mangels Haftgründen war Mathias A., der aus einer christlichen aramäischen Familie stammt, nach dieser ersten Messerattacke allerdings zunächst wieder auf freien Fuß gekommen. Der damals 26-Jährige habe einen festen Wohnsitz gehabt, es drohte keine Verdunklungsgefahr und auch keine Wiederholungsgefahr, begründet der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers, die damalige Entscheidung. So war Mathias A. zwar wegen Körperverletzungen bekannt, ein Messer hatte er zuvor jedoch nie als Tatwaffe benutzt.

Entsprechend konnte Mathias A. vor fünf Wochen das Gefängnis verlassen, nachdem er seine Ersatzfreiheitsstrafe abgesessen hatte. Der Prozess war da noch in vollem Gang - und hatte eine erstaunliche Wendung gebracht.

Gleich in der ersten Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht zum Körperverletzungsprozess beantragte die Vorsitzende Richterin einen Gutachter, der die Schuldfähigkeit von Mathias A. klären sollte. Möglicherweise benötigt der 27-Jährige psychologische Hilfe. So weigerte er sich vor Gericht, seine Zähne zu zeigen, die er hinter einem Tuch versteckte. Auch die Nachbarn und Bekannten des 27-Jährigen, mit denen das Abendblatt sprechen konnte, bestätigten, dass der Arbeitslose fast ausschließlich mit einem Tuch maskiert durch das Viertel an der Ausfallstraße B 75 gelaufen sei.

Ob Mathias A. allerdings in U-Haft gekommen und so auch die Tat vom Mittwoch unmöglich geworden wäre, wenn eine mögliche Schuldunfähigkeit früher diagnostiziert worden wäre, bleibt reine Spekulation. Der vom Gericht beauftragte Gutachter beschäftigt sich mit der "Akte Mathias A." erst seit knapp sechs Wochen - keine übermäßig lange Zeit im Hamburger Justizwesen.

Unterdessen hielten etwa 70 Freunde und Angehörige von Pascal E. gestern Abend eine Trauerveranstaltung am Tatort ab. Sie legten am Tatort Blumen und Kerzen nieder. Danach setzten sie sich für etwa 20 Minuten auf die Fahrbahn und blockierten den Straßenverkehr. Als die Polizei eintraf, wurde die Straße ohne Aufforderung geräumt. Es gab mit der Polizei heiße Diskussionen über die Rechtsprechungen und Vorwürfe an die Justiz.