Der polizeibekannte Tatverdächtige stach sechsmal auf den 22 Jahre alten Pascal E. ein. Der starb wenig später im Krankenhaus.

Hamburg. Nach der tödlichen Messerattacke auf den 22 Jahre alten Pascal E. im Anschluss an eine Abi-Feier in Harburg ist gegen den 27 Jahre alten Tatverdächtigen Mathias A. Haftbefehl erlassen worden. Es bestehe ein dringender Tatverdacht wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung sagte ein Polizeisprecher, nachdem ein Richter über den Antrag auf Untersuchungshaft entschieden hatte. Bei dem Angriff war auch ein 23-Jähriger durch einen Stich in den Bauch verletzt worden. Lesen Sie dazu auch den großen Abendblatt-Bericht:

Tod nach Abi-Feier: Warum musste Pascal sterben?

Sie hatten getanzt, gelacht. Sie hatten getrunken, waren zufrieden, für den Moment. Vier junge Menschen, Anfang zwanzig, Freunde, die nach einer Abi-Party zusammen durch die Nacht gingen. Minuten später ist einer von ihnen tot. Erstochen von einem 27-Jährigen, der sich aktuell vor Gericht wegen einer ähnlichen Tat verantworten muss und dessen Unzurechnungsfähigkeit derzeit von einem Gutachter untersucht wird.

Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da stach Mathias A. im Streit um ein Mädchen einen 19-Jährigen an der Bremer Straße in Eißendorf nieder. Das Opfer überlebte nur knapp - Pascal E. hatte kein Glück. Wieder ging es um ein Mädchen, wieder an der Bremer Straße. Und wieder zog Mathias A. ein Messer. In der Nacht zu Mittwoch tötete er den 22-Jährigen aus Neugraben-Fischbek mit sechs Messerstichen. Die Freunde rätseln: Warum musste Pascal sterben?

Nach der Tat flüchtet Mathias A. Er kann jedoch in der Wohnung seiner Eltern festgenommen werden. Bei seiner Vernehmung im Polizeipräsidium gesteht er die Tat. "Er gab allerdings an, in vermeintlicher Notwehr gehandelt zu haben", sagte Polizeisprecher Andreas Schöpflin. Nach Abendblatt-Informationen werten die Ermittler dies allerdings als Schutzbehauptung.

Es ist kurz nach Mitternacht: Pascal E. und Marcel K., 23, sind zusammen mit einem Freund und Pascals Freundin Julia K., 21, auf dem Heimweg von der Ackerfete, der Abi-Party des Immanuel-Kant-Gymnasiums. Vor der Haustür von Marcel K., gleich neben der Bäckerei Schütt an der Kreuzung Bremer Straße/Hohe Straße, wollen sich die Freunde trennen, verabschieden sich.

Plötzlich steht Mathias A. neben ihnen; in einer nahen Kneipe hat er sich einen Rausch angetrunken. Er sieht die 21-Jährige, spricht sie an. Pascal E. wird wütend, geht auf den 27-Jährigen zu. Die beiden Männer beginnen sich zu streiten, schreien sich an. "Durch das Geschrei bin ich aus dem Schlaf aufgewacht", sagt eine Nachbarin am Tag danach. "Und dann rief eine Frau: Nimm das Messer weg."

Gereizt und betrunken zieht Mathias A. ein Messer. Zwei der sechs Stiche treffen Pascal E. ins Herz, jeder für sich ist tödlich. Marcel K. wirft sich dazwischen, das Messer trifft ihn am Bauch. Die vier Freunde flüchten über die Bremer Straße auf einen Grünstreifen. Dort bricht Pascal zusammen. Der Täter flüchtet, wird aber von Marcel K. und dem anderen Freund verfolgt. Sie bleiben Mathias A. dicht auf den Fersen, bis der in einem Hinterhof erneut das Messer zieht und sie bedroht.

Pascal E. wird von einem Notarzt versorgt und auf die Intensivstation der Asklepios-Klinik Harburg gebracht. Dort erliegt er jedoch wenig später seinen schweren Verletzungen. Unterdessen riegelt die Polizei die Bremer Straße ab, fahndet nach Mathias A. Ein Polizeihubschrauber hilft bei der Suche aus der Luft, Hunde am Boden. Die Beamten entdecken ihn in der nur 200 Meter entfernten Wohnung seiner Eltern. In einem Rotklinker leben mehrere Verwandte der aramäischen Familie, Christen aus der Türkei. Mathias A. lässt sich widerstandslos festnehmen.

Erst vor zwei Monaten war der Prozess gegen den 27-Jährigen wegen der Messertat vom Juni vergangenen Jahres eröffnet worden. Mit ungewissem Ausgang: Derzeit prüft ein Gutachter, ob Mathias A. überhaupt schuldfähig ist. Möglicherweise wird er in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung überstellt. Die Polizei glaubte nach der ersten Messertat nicht daran, dass Mathias A. eine weitere ähnliche Tat begehen würde, weshalb er auch nicht in Untersuchungshaft kam. Offensichtlich war diese Entscheidung falsch.

Bei der Polizei ist er längst mehrfach registriert: Weil er die Geldstrafe nach einem Drogendelikt nicht beglich, saß er von Februar bis Mitte Mai in Haft. Mehrfach fiel er in den vergangenen Jahren auf, weil bei ihm Marihuana und andere Drogen gefunden wurden. Wegen einer Körperverletzung in Harburg vor vier Jahren wurde er zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Weitere Geldstrafen waren gegen ihn verhängt worden, nachdem er Widerstand gegen Polizeibeamte leistete.

Bekannte des Opfers legten gestern Nachmittag Rosen und Kerzen am Tatort nieder. Pascal A. hinterlässt seine alleinerziehende Mutter und seinen zehn Jahre alten Bruder.