Soziales Netzwerk zwingt Betreiber deutscher Städteseiten zur Umbenennung, sonst droht die Sperrung - wie es München bereits passierte.

Hamburg. 683 907 Fans hat Hamburg auf Facebook. Sie diskutieren über die bevorstehenden Konzerte im Stadtpark, den Halbmarathon oder die Frage, ob es sich besser in Winterhude oder Altona leben lässt. Auch der zeitweilige Umzug der Alsterfontäne nach Harburg oder die jüngsten Ankünfte von Kreuzfahrtschiffen werden auf der Seite ausführlich kommentiert.

Künftig werden sich die Fans der Hansestadt aber wohl an einen anderen Namen für die Elbmetropole gewöhnen müssen. Der US-Konzern zwingt derzeit nämlich die Betreiber von deutschen Städteseiten, diese umzubenennen. "Facebook hat uns dazu aufgefordert, einen anderen Namen für die Seite zu wählen", sagt der Sprecher des Internetportals Hamburg.de, Torralf Köhler, das sich auch um die Präsenz der Stadt im sozialen Netzwerk kümmert.

+++ Städte kuschen vor Facebook +++

Der Hintergrund: Aus der Sicht von Facebook gehört eine Stadt niemandem, und daher hat auch keiner das Recht, eine entsprechende Seite zu betreiben. "Niemand kann einen geografischen Ort vertreten", steht im Facebook-Hilfebereich, auf den die Pressestelle zur Begründung der Anordnung verweist. Eine Seite müsse sich deutlich auf eine Organisation beziehen - wie "New York - Büro des Bürgermeisters" oder "Lok Sabha - Parlament von Indien". Werde der Name nicht entsprechend geändert, würden die Administratorrechte zurückgezogen. Im Klartext: Die Fanseite wird dichtgemacht.

Dass das Unternehmen mit dieser Drohung nicht scherzt, wurde Anfang des Jahres deutlich. Von einem Tag auf den anderen war die Facebook-Seite der Stadt München aus dem Netz verschwunden. Plötzlich offline - und mit ihr die rund 400 000 Fans der Seite. "Das kam völlig aus dem Nichts", erinnert sich Lajos Csery, Geschäftsführer des Städteportals München.de. Eine Ankündigung habe es nicht gegeben. "Ich glaube, wir hatten einfach Pech, dass es uns als Erste getroffen hat."

Nun gab es Mitte Juni eine Art Krisentreffen zwischen den Betreibern der großen deutschen Städteseiten und Facebook. "Alle offenen Fragen zu Seitennamen" sollten laut Facebook-Einladung geklärt werden. Für die Städte ging es dagegen um viel mehr: Sie wollten das Münchner Schicksal abwenden und ihre Seite mit den mühsam ersammelten Fans im Netz halten.

+++ Das unterscheidet Fanseiten und private Profile +++

Ein solcher Verlust würde auch Hamburg mit seinen fast 700 000 Fans hart treffen. "Facebook ist für uns zu einem ganz wichtigen Kommunikationsmedium geworden, über das wir mit den Menschen in Verbindung bleiben und auf wichtige Veranstaltungen hinweisen können", sagt Torralf Köhler. Für die Stadt sei es "keine Option, nicht auf Facebook zu sein". Der Betreiber, der zu gut 50 Prozent dem Medienkonzern Axel Springer ("Bild", Abendblatt) und zu 20 Prozent der Stadt Hamburg gehört, verlinkt vom sozialen Netzwerk aus auch auf das eigene Portal Hamburg.de, wo sich Tickets für Konzerte buchen oder Wohnungen in der Stadt suchen lassen. Ganz ähnlich wie in Hamburg sieht man die Lage in Berlin, wo nun ebenfalls nach einem neuen Facebook-Namen gesucht werden muss. "Für uns ist das ein wahnsinnig wichtiger Kanal", sagt Katharina Dreger vom Marketing der Hauptstadt. "An sozialen Netzwerken kommt man als moderne Stadt nicht vorbei."

Diese Macht, ein hippes und unentbehrliches Marketinginstrument zu sein, spielt Facebook aus. Warum allerdings erst in diesem Jahr die Diskussion um die Facebook-Seitennamen aufkommt, bleibt im Dunkeln - einige Seitennamen gibt es schließlich schon seit Jahren. Hamburg beispielsweise nennt als Beitrittsdatum den 12. Januar 2008. Doch bei den Betroffenen scheint das eher weniger eine Rolle zu spielen: Hauptsache, die Seiten bleiben online, so der Tenor. Und so zerbrechen sich die Hamburger schon seit Wochen den Kopf, wie die Facebook-Seite umbenannt werden könnte. "Wir haben verschiedene Ideen", sagt Köhler. "Auf jeden Fall sollte der Begriff Hamburg weiterhin darin vorkommen." Es müsse ein Name sein, der den Nutzern gefalle und der auch eine gewisse "Emotionalität" beinhalte. Zudem müsse er mit Facebook abgestimmt sein, damit man künftig auf der sicheren Seite sei und nicht noch einmal die ganze Änderungsprozedur durchlaufen müsse.

+++ Facebook zwingt Hamburg, sich im Netzwerk umzubenennen +++

München hat nach seinem Offline-GAU eine eher simple Lösung gefunden, mit der offenbar beide Seiten leben können. Vorerst unter dem neuen Namen "Stadtportal München" war die Seite nach drei Wochen wieder im Netz. Inzwischen nennt sie sich "München .de" - hat aber einige Fans weniger.

Die ebenfalls betroffene Stadt Stuttgart hat ihre etwa 15 000 Fans schon um Vorschläge für die Namensänderung gebeten. "Benz-Town" oder "Porsche-City" regten die Nutzer unter anderem an. Doch auch in der schwäbischen Metropole wird es wohl auf "Stuttgart.de" hinauslaufen.