CDU-Mitglieder debattieren kontrovers über die radikalen Reformvorschläge für die Union. Die Partei könnte neu strukturiert werden.

Hamburg. Das radikale Parteireformpapier der drei Altonaer CDU-Ortsvorsitzenden Robert Heinemann, Peter Wenzel und Christian Jourdant hat eine lebhafte Debatte in der Union ausgelöst. Parteichef Marcus Weinberg kündigte am Freitag an, dass sich der Landesvorstand mit dem fünfseitigen Text auf seiner Klausurtagung am 11. August befassen werde. "Einige Vorschläge werden sicherlich in die Diskussion mit der Basis gehen, anderes ist problematisch", sagte Weinberg.

Heinemann, Wenzel und Jourdant schlagen vor, Landesparteitage mit Delegierten durch Mitgliederversammlungen zu ersetzen. Mehr Beteiligung der Parteibasis soll auch die Idee bewirken, alle Vorstandsposten und Listenkandidaten bei Bürgerschaftswahlen durch Mitgliederversammlungen wählen zu lassen. Die drei wollen eine Hierarchieebene abschaffen, indem sie die sieben Kreis- und 53 Ortsverbände durch 17 Kreisverbände ersetzen, deren Zuschnitt sich an den 17 Bürgerschaftswahlkreisen orientiert.

+++ Revolutionäre Ideen für die CDU +++

Weinberg hatte schon in seiner Rede auf dem Landesparteitag vor einer Woche gesagt, dass die CDU darüber nachdenken müsse, ob und wie sie die neu geschaffenen Wahlkreise in der Parteiorganisation abbilden wolle.

"Das Papier enthält mutige Ideen, die eine vertiefte Diskussion verdienen", sagte CDU-Bürgerschafts-Fraktionschef Dietrich Wersich, zugleich Vorsitzender der CDU Nord. Der Text enthalte "richtige Überlegungen, wie man eine höhere Beteiligung in der Partei erreichen kann". Es sei jedoch keine gute Idee, so Wersich, die Ortsverbände abzuschaffen. "Diese Verankerung ist unsere große Stärke", sagte Wersich.

Ähnlich sieht es auch Ex-Fraktions- und Parteichef Frank Schira, zugleich Wandsbeker CDU-Kreischef. Das Engagement in den Ortsverbänden bedeute eine gute Vernetzung vor Ort. Eine Abschaffung der unteren Ebene hält Schira daher für falsch. "Das sollten wir nicht machen. Dann verabschieden wir uns aus der Fläche", sagte der CDU-Politiker. Es werde der Eindruck erweckt, als ob die CDU wie ein Unternehmen Filialen schließe. "Am Ende bedeutet das mehr Zentralismus." Schira hält auch die Abschaffung des Delegiertenprinzips auf Landesebene für falsch. "Das Repräsentationsprinzip hat große Vorteile: Es überträgt den gewählten Mitgliedern Verantwortung", sagte Schira. Das sei bei Mitgliederversammlungen nicht der Fall.

Es gibt auch Unterstützung für den Vorstoß zur Abschaffung der unteren Parteiebene. "Manche Ortsverbände (ein Drittel?) sind zu klein und gemeinsam zu alt geworden für offene inhaltliche Diskussionen - da bewirkt sogar ein neues Programm an der Basis eher wenig", sagte Ex-Schulstaatsrat Reinhard Behrens, Mitglied der CDU Fuhlsbüttel. "Es bleiben Erbhofverteidiger unter sich, jüngere, profilierte Frauen werden weggemangelt."

Der frühere CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Peter Schmidt hält es für richtig, "nach der verheerenden Wahlniederlage auch die Struktur der Partei zu überdenken". Der Organisationsaufbau werde "eher dem jahrzehntelangen Listenwahlrecht als dem neuen, auf Wahlkreisen aufbauenden System gerecht". Schmidt weist aber darauf hin, dass manche Vorschläge - wie die Abschaffung von Kreisverbänden - nur über Änderungen der Satzung der Bundespartei umzusetzen seien.