Zahl der Pendler sinkt um 58 000. Busse und U-Bahnen transportieren täglich 120 000 Fahrgäste weniger. Große Ferien für die Stadt.

Hamburg. Auf den Straßen ist merklich weniger Verkehr und die Parkplatzsuche in den dicht besiedelten Stadtteilen weniger nervig. Auch in Bussen und Bahnen haben die Fahrgäste jetzt mehr Platz. Im Stammcafé bleiben die bekannten Gesichter weg und manche Plätze leer - die Sommerferien machen sich allerorten bemerkbar. Die Stadt schaltet einen Gang herunter, dafür kommen mehr Touristen.

In den Bussen und U-Bahnen der Hamburger Hochbahn AG sind im Sommer und ganz besonders in der Ferienzeit zehn Prozent weniger Fahrgäste unterwegs, also statt 1,2 Millionen Menschen an einem durchschnittlichen Werktag jetzt nur noch 1,08 Millionen Fahrgäste. "Das merkt man vor allem in den Hauptverkehrszeiten, da in den Sommerferien der Berufsverkehr stark zurückgeht. Zudem fällt auch der Schulbusverkehr weg", sagt Maja Weihgold, Hochbahn-Sprecherin. Weil es so leer ist, können sich auch Bus- und Bahnmuffel entspannen, die normalerweise den öffentlichen Personennahverkehr meiden, weil sie das Gedränge und die schlechte Luft in den Bussen nicht mögen.

+++ ... aber am Wochenende wird es noch einmal laut +++

Aber auch Autofahren kann jetzt Spaß machen: Nach Schätzungen des Allgemeinen Deutschen Automobil Clubs (ADAC) reduziert sich die Zahl der Pendler aus der Metropolregion in den kommenden Wochen um 40 Prozent auf 87 000 Pendler, die täglich nach Hamburg kommen (normalerweise sind es 145 000 pro Tag). Wenn man nicht gerade eine der mehr als 20 Baustellen auf Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen ansteuert, stehen die Chancen auf freie Fahrt also gut. Matthias Schmitting vom ADAC rechnet damit, dass es eher an den Wochenenden zu Staus kommen wird, wenn die Touristen nach Hamburg oder durch Hamburg fahren. "Die Baustellen werden natürlich in den Sommermonaten eingerichtet, wenn der Berufsverkehr weniger wird. Besser, die Touristen stehen im Stau als die Pendler", sagt Matthias Schmitting.

"Die Hamburger flüchten aus der Stadt", sagt Wilfried Thal vom Landesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller. "Das städtische Leben schläft ein." Wer ohne Gedränge über einen der 90 Hamburger Wochenmärkte bummeln möchte, habe in den Ferien die besten Chancen dazu. Gerade auf den Märkten in der Innenstadt sei weniger los. Bis zum Ferienende gehe der Umsatz der Wochenmarkthändler kontinuierlich um bis zu 20 Prozent zurück. Dramatisch sei das nicht: "Die ...Händler stellen sich darauf ein, viele haben schulpflichtige Kinder und fahren ebenfalls weg", sagt Thal, der unter anderem auf dem Markt am Turmweg in Rotherbaum Obst und Gemüse verkauft.

Die Hamburger verlassen die Stadt beispielsweise in Richtung Mecklenburg-Vorpommern. Dort verbringen nach Angaben des Tourismusverbandes in den Sommermonaten bis zu 60 000 Hamburger ihre Ferien. In Schleswig-Holstein kommen nach Angaben der Tourismusagentur Schleswig-Holstein fünf Prozent der Sommerurlauber aus Hamburg, absolute Zahlen gibt es dort nicht. Auch ein großer Teil der 110 000 Fluggäste, die in den ersten vier Ferientagen von Fuhlsbüttel aus in den Süden fliegen, kommt aus Hamburg.

Auch bei den Versorgern macht sich die Stadtflucht bemerkbar. "In den Sommerferien geht der Wasserverbrauch deutlich zurück", sagt der Sprecher von HamburgWasser, Matthias Sobottka. "Im vergangenen Jahr waren es während der Sommerferien sieben Prozent weniger." Statt 312 778 Kubikmeter verbrauchten die Hamburger in den sechs Wochen 291 897 Kubikmeter pro Tag. Auch der Restmüll verringert sich von 43 000 bis 45 000 Tonnen im Monat im Juli und August auf 41 000 bis 42 000 Tonnen. Eine ruhige Kugel können Hamburgs Müllmänner dennoch nicht schieben: Bei der Stadtreinigung fehlen viele Kollegen, weil sie ebenfalls im Urlaub sind.

Für die Mitarbeiter in der Tourismusbranche läuft die Arbeit auf Hochtouren. Im Juli und August erwartet die Hamburg Marketing GmbH mehr als zwei Millionen Übernachtungen. "Das ist über zehn Prozent mehr als im Vorjahr", sagt Sascha Albertsen von der Hamburg Tourismus GmbH. Der Umsatz durch diese Übernachtungen liegt bei insgesamt 420 Millionen Euro. Zudem kommen mehr als 25 Millionen Tagesgäste in die Stadt und lassen 1,1 Milliarden Euro hier. Während Busse und Bahnen leerer sind, füllen sich die Fähren auf Alster und Elbe. Die Mitarbeiter dort müssen jetzt erst richtig ran: Bis zu 15 Abfahrten mehr am Tag an der Alster sind es in den Sommermonaten. Die beliebteste Hadag-Fähre verkehrt jetzt sogar alle zehn Minuten: Die Fährlinie 62 nach Finkenwerder startet in den Ferien statt viermal pro Stunde sechsmal von den St.-Pauli-Landungsbrücken.