Eine Glosse von Daniel Herder

Den Geburtstag der Mutter zu vergessen gleicht der Wandlung von Heintje zum Rabenkind. Alle Versuche, telefonisch um Entschuldigung zu bitten, scheiterten - Mutter machte dicht, sprich: Sie nahm den Hörer nicht ab. Rache wird am besten kalt serviert.

Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, sind alle Tricks erlaubt, um das mütterliche Herz wieder zu erwärmen. Allerdings sollten die Ausreden origineller sein als "sorry, schlechten Tag erwischt, hatte viele Termine um die Ohren, Stress, blabla." Besser hält man es bei - mit Verlaub - Alt-Hippies wohl mit geheuchelter Selbstlosigkeit à la "musste mal eben kurz die Welt retten", wahlweise hat man am Geburtstag 24 Stunden lang für den Weltfrieden gebetet, im Sitzkreis Jutepuppen für Tansania gebastelt oder einen bedrohten Indianerstamm vor dem Untergang bewahrt. Funktioniert aber nicht, wenn der Sohn vom Edelmut eines Gandhi so weit entfernt ist wie Alf von seinem Heimatplaneten Melmac.

Alternativ ist die Telekom mal wieder an allem schuld, der Festnetzanschluss kaputt, das Handy defekt. Zieht aber auch nicht, weil Muttern garantiert auf die fünf verfügbaren Handys zu sprechen käme.

Womit wir beim Thema wären: der fatalen Kombination von Technik, die funktioniert, und dem Anwender, der versagt. Mal angenommen, der Sohn hätte den Geburtstag - im Wissen um seine Schusseligkeit - vorher extra im iPhone eingetragen, aber vergessen, diese Erinnerungsfunktion zu aktivieren. Genau, wer glaubt's?

Also, vergessen wir die Ausreden!

Zumindest die verbalen, nicht die floralen. Über einen Internetversand schickte Rabensohn noch am selben Tag Blumen in die westfälische Kleinstadt. Per Express. Und mit Erfolg. Stunden später klingelte mein Telefon. Muddi, ich hab dich lieb!