Der Fiskalpakt darf nicht nur ein Signal an die Märkte sein

Die schwarz-gelbe Koalition hat sich mit SPD und Grünen über den Fiskalpakt geeinigt. Das europäische Abkommen für mehr Haushaltsdisziplin kann jetzt also auch in deutsches Recht umgewandelt werden. Zwar muss das Bundesverfassungsgericht noch Klagen gegen den Pakt prüfen - aber eine große Hürde ist ausgeräumt.

"Ein gutes Signal an die Finanzmärkte", frohlockte man in Berlin danach. Und es ist wahr: Je überzeugender die Wirtschaftsmacht Deutschland die Rettungsmaßnahmen gegen die Euro-Krise vertritt, desto ruhiger verhalten sich die Spekulanten. Die Politik und allen voran die Kanzlerin haben es in den vergangenen Jahren gelernt, ihre Rhetorik an die Psychologie der Märkte anzupassen. Was sie dabei jedoch oft vergessen, ist die Psychologie der Menschen.

Denn viele Deutsche verstehen die Euro-Krise nicht mehr. Seit klar ist, dass es kein Patentrezept gibt und kein "richtig" oder "falsch", seit rote Linien doch überschritten und alte Ansichten über Bord geworfen werden, gibt es ein Gefühl der Ohnmacht.

Stimmen, die sich die D-Mark zurückwünschen, sind zwar in der Minderheit, aber sie werden lauter. Das Bedürfnis nach Sicherheit und Berechenbarkeit bahnt sich so seinen Weg. Für das Europa, auf das wir uns zubewegen, ist das keine gute Ausgangslage: Auf dem Weg in eine Fiskalunion mit gemeinsamer Haushaltspolitik sind wir schon, der nächste Schritt ist nach den Vorstellungen der Kanzlerin eine politische Union mit noch mehr Kompetenzverlagerung auf europäische Institutionen. Mehr Europa funktioniert aber nicht, wenn die Skepsis der Europäer überwiegt.

Die Sprache der Politik muss deshalb mehr zu einer Sprache der Zuversicht für die Bürger werden. Die Einigung über den Fiskalpakt hätte das Potenzial dazu: Die vereinbarte Finanztransaktionssteuer beteiligt die Banken an den Kosten der Krise und schafft ein Gefühl von Gerechtigkeit. Das Paket gegen Jugendarbeitslosigkeit kann Vertrauen in soziales Bewusstsein erzeugen. So wichtig Signale an die Märkte sind - Signale an die Menschen sind es umso mehr.