Wann, wenn nicht jetzt, ist der richtige Zeitpunkt für Veränderungen in Hamburgs Union?

Was führt eine Partei zum Erfolg bei Wahlen? Ein überzeugendes, die Menschen ansprechendes Programm, sicher. Glaubwürdiges Personal, das nicht vor der Wahl etwas verspricht, um es danach zu brechen. Bei einer Partei wie der CDU in einer Stadt wie Hamburg kommt ein wichtiger Punkt hinzu: Der Spitzenkandidat, der Bürgermeister bleiben oder werden will, muss in besonderem Maße Vertrauen bei den Wählern erwecken.

Wer die Lage der Hamburger Christdemokraten nach der krachenden Niederlage bei der Bürgerschaftswahl 2011 betrachtet, der muss feststellen: Es hat an allem gefehlt. Neben den häufig beschriebenen politischen Gründen für den schmerzhaften Sturz in die Opposition - wie dem Bruch des schwarz-grünen Bündnisses - bleibt ein Aspekt meistens ausgeblendet: Die Union war und ist nach den Jahren in der Regierungsverantwortung personell ausgezehrt, sie ist überdies eine schrumpfende Partei. Dahinter steckt ein strukturelles, also langfristiges Problem: Die Partei ist für Frauen und jüngere Menschen nicht besonders attraktiv. Das gilt für die Wählerschaft insgesamt, aber gerade auch für die aktive Mitgliedschaft.

In gewisser Hinsicht ähnelt die Lage der Elb-CDU ein wenig der der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Jahr 2000: Damals flogen die Kicker ziemlich unrühmlich in der Vorrunde aus dem EM-Turnier. Ein Scheitern mit Folgen, denn der Deutsche Fußball-Bund schob damals ein bundesweites Jugendtalent-Förderprogramm an, dessen Erfolge heute bei der EM in Polen und der Ukraine zu beobachten sind.

Mit anderen Worten: Wann, wenn nicht jetzt, angesichts des schlechtesten Ergebnisses bei einer Bürgerschaftswahl seit 1946, ist der richtige Zeitpunkt für radikale Veränderungsvorschläge in der CDU? Die drei Christdemokraten aus Altona, die als Ortsvorsitzende zu den aktiven Parteimitgliedern zählen, verordnen der Union mit ihrem Thesenpapier eine Rosskur. Sie wollen mit ihren Vorschlägen den Mitgliedern als Gesamtheit die Macht bei Personal- und Sachentscheidungen geben. Mitgliederversammlungen statt Delegierten-Parteitage - das praktizieren bei den etablierten Parteien nur die Grünen. Dieses Prinzip hat einen entscheidenden Vorteil: Wer kommt, entscheidet mit. Verantwortung lässt sich nicht mehr auf andere abschieben.

Die CDU ist seit Langem keine Honoratiorenpartei mehr, aber sie ist nach wie vor in starkem Maße eine Funktionärspartei. Es gibt einen großen Anreiz, Mitglieder zu werben, um den Einfluss seines Orts- oder Kreisverbands und damit die eigene Machtbasis zu steigern. Ob diese Mitglieder aktiv an Sachdebatten teilnehmen wollen, spielt keine große Rolle, manchen Funktionären erscheint das nicht einmal wünschenswert.

Genau darum, um mehr Partizipation und Transparenz, muss es einer modernen Partei aber gehen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass sich Wähler immer weniger bevormunden lassen. Gerade Hamburg mit seiner Vielzahl an Volks- und Bürgerentscheiden, die die Senatspolitik korrigiert haben, beweist das. Da ist es nur folgerichtig und klug, wenn sich die Parteien bewusst für neue Mitglieder öffnen, um so Themen und Positionen frühzeitig zu integrieren. Die Vorschläge der drei Altonaer setzen konsequenterweise auch auf eine deutliche Verschlankung des Parteiapparats mit weniger Posten und Pöstchen.

Es wäre allerdings falsch zu behaupten, dass in der Union seit dem Wahldesaster nichts geschehen wäre. Die Kür des Parteichefs Marcus Weinberg 2011 war bereits eine Basisentscheidung. Und die CDU hat unter breiter Beteiligung der Mitglieder ein neues Programm erarbeitet. Jetzt geht es darum, diesen Weg konsequent weiterzugehen, auch wenn nicht jeder Vorschlag sofort praktikabel ist.