Das Abendblatt-Lieblingsmenü wird auch im Atlantic-Restaurant serviert. Die Gäste erwartet filigrane Kochkunst.des selbstbewussten Kochs.

Der uniformierte Doorman mit Zylinder dreht die Eingangstür zum Hotel Atlantic. Drinnen dicke Teppiche, Kristallleuchter, dezentes Geplauder. Pagen warten. James Bond war als Leinwandheld auch schon da. Udo Lindenberg ist es immer noch leibhaftig. Und Kaiser Wilhem II. wacht als übergroßes Bild über allem. Es weht der Duft von weiter Welt durch das frisch renovierte Fünf-Sterne-Hotel. Und ein Hauch von großem Kino.

Doch die Welt im 1909 eröffneten Grandhotel ist einfach gegliedert: Die palastartige Halle hinter dem Eingang ist eine Art Wohnzimmer für alle, Hotelgäste sowie Besucher, mit gemütlichen Ledermöbeln und Kamin. Rechts die Rezeption. Links die Garderobe. Etwas weiter links geht es ins Atlantic-Restaurant.

Das ist ein eigenes Reich in hellbraunen Holztönen mit Blick auf die Alster, 21 Tischen und 60 Plätzen. Es ist das Reich Willi Knopfs, der mit österreichischem Charme und zartem Humor den Service leitet. Und es ist natürlich die Bühne von Atlantic-Küchendirektor Thomas Wilken, der hier im Sommer zum Lieblingsmenü bittet. Und er bietet, kurz gesagt, eine sehr selbstbewusste Speisefolge, die auch auf Nachhaltigkeit achtet und handwerkliche Finessen zeigt.

Das Atlantic-Restaurant stellen wir als drittes Restaurant unserer Frühjahrsaktion "Lieblingsmenü" vor. Zuvor haben wir Heinz Wehmann mit seinem Landhaus Scherrer an der Elbchaussee und Nicolas Trautz vom Restaurant Oberon auf der Uhlenhorst präsentiert.

Die Idee: Für den Festpreis von 59,50 Euro kommen Leser in den Genuss eines Fünf-Gänge-Menüs. Zu jedem Gang gibt es einen korrespondierenden Wein. Mineralwasser und eine Kaffeespezialität sind auch im Preis inbegriffen.

Wer erst einmal im Atlantic-Restaurant sitzt, merkt sofort: So steif, wie man vermutet, ist das hanseatische Traditionshaus mit fünf Sternen nicht. Eher locker und ein bisschen familiär geht es zu.

Vor den fünf Gängen werden drei Brotsorten und temperierte Butter angeboten: Baguette, Olivenbrot und Tomatenbrot. Letzteres gibt es immer, weil Hotelchef Peter Pusnik darauf Wert legt. Die anderen Sorten wechseln.

Der erste Gang ist auf dem Teller in schlichtem Design angerichtet, bedeutet aber eine aufwendige kulinarische Komposition: "Marinierte Sardinenfilets mit Romanasalat, Parmesan und Chorizo-Öl". Französische Sardinen aus dem Wildfang werden kurz auf der Haut angebraten und noch warm mariniert.

Die Marinade besteht aus Chorizo-Öl, Rosmarin, Knoblauch, Safran und weißem Balsamessig. Dazu gibt es geröstetes Olivenbrot und Romanasalat in drei Varianten mit Ceasar-Dressing. Es ist eine Speise, die nach Mittelmeer duftet, auch so schmeckt, und die auch Skeptiker voll überzeugt, weil die Sardinen so gar nichts mit dem allseits bekannten Duft aus der Fischdose zu tun haben. "Sardinen trauen wir uns!", sagt Thomas Wilken.

Gerichte mit allseits bekannten Zutaten in die hochklassige Küche zu übertragen sei eine große Herausforderung, ergänzt Hotelchef Peter Pusnik. "Hummer kochen kann jeder ...", sagt er. Dazu kommt von Rindchens Weinkontor ein 2010er Saint Mont VDQS Les Bastions, trocken, Plaimont-Vignerons de Gascogne, den Gerd Rindchen so beschreibt: "Der mineralisch geprägte, fast schon salzige Les Bastions setzt einen beglückend markanten Gegenpart zu den Sardinenfilets."

Der kommende Gang überrascht: "Gewürzgazpacho mit Garnele, gegrillter Aubergine, Joghurtespuma und Koriandercracker". Der spanische Klassiker wird auf besondere Weise serviert. Zuerst kommt der Teller nur mit den Einlagen. Dann wird die rote Suppe eingeschenkt.

So liegen im sonst leeren Teller eine perfekt gegarte Garnele (glasig und saftig) und zwei Kirschtomatenviertel. Den Tellerrand ziert eine Küchenbastelei: Zwei Holzspieße tragen die Aubergine, die zweimal gegrillt und auch noch gepresst wurde. Auf der Aubergine liegen weitere Zutaten und das Joghurtespuma (Joghurtschaum).

Wie isst man die Bastelei? "Man kann alles einfach mit dem Messer von den Spießen drücken, entweder in die Suppe oder an den Tellerrand", sagt der Küchendirektor.

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Etwas fehlt noch: Die Gazpacho wird vor den Augen der Gäste eingefüllt. Eine duftig-frische Angelegenheit - perfekt für den Sommer. Und wieder hat der Koch alle Register gezogen und die geeiste Suppe abgeschmeckt mit: Ingwer, Korianderwurzeln, Kreuzkümmel und Piment d'Espelette (französischer Gourmet-Chili). Im Glas ist 2011er Bordeaux AC rosé, trocken, Chateau Haut Terre Fort, Bordeaux. Der Rosé von Château Haut-Terre-Fort, der es im Frühjahr schon zum "Wein der Woche" im Abendblatt gebracht hatte, begleitet charmant die Aromenvielfalt der Gazpacho. Am Tisch der Testrunde sitzt auch Björn Hiller, im internationalen Sprachgebrauch Food-and-Beverage-Director im Hotel Atlantic, auf Deutsch für Speisen und Getränke zuständig. "Klar", antwortet er auf die Frage, ob die Gäste des Lieblingsmenüs im Sommer, wenn die Lieblingsmenü-Aktion im Hotel Atlantic gastiert (in den Monaten Juli und August), auch im Atrium speisen können. Das Atrium ist der stimmungsvolle Lichthof im Zentrum des Hotels Atlantic. Die Oase mit Gartenromantik steht an einem lauen Sommerabend bei Kerzenlicht in heftiger Konkurrenz zum Alsterblick. "Wegen der Wetterabhängigkeit nehmen wir dafür allerdings keine Reservierungen entgegen", sagt Björn Hiller.

Der Zwischengang ist ein "Confiertes Forellenfilet mit Kohlrabi und Giersch". Wieder eine aufwendig zuzubereitende Speise: Entgrätete Forellenfilets werden mit Albaöl (schwedisches Pflanzenöl mit Buttergeschmack), Estragonzweigen und Giersch in Vakuumfolie eingeschweißt und im Wasserbad bei 54 Grad vier Minuten gegart (confiert). Dazu gibt es Champagnerschaum, Gierschpesto und einiges mehr. Der Fisch ist so zart, dass er auf der Zunge zu schmelzen scheint. Für den Geschmack gibt es keine bessere Beschreibung als: fein! Was den Küchendirektor wieder zu einer selbstbewussten Äußerung veranlasst. "Unsere Gäste kommen mit hohen Erwartungen ..."

Der Weißwein ist ein 2011er Pinot blanc Alsace AOC, trocken, José Ebelmann, Elsass. "Mit seinen filigranen Blütenaromen und der zarten, fast ätherischen Frucht unterstreicht er die subtilen Nuancen der Forelle", sagt Gerd Rindchen.

Nach dem Hauptgang "Rücken und Bäckchen vom Pommerschen Rind mit Blattspinat, Waldpilzen, grünem Spargel und gegrilltem Pfirsich" sitzt Küchendirektor Thomas Wilken lange mit am Tisch der Testmannschaft. Es geht um die Frage: Kann man den Gästen des Lieblingsmenüs, die vielleicht doch nicht alle geübte Gourmets sind, ein geschmortes Rinderbäckchen anbieten - eine für viele unbekannte Speise.

Wilken überzeugt schließlich: "Ich koche nachhaltig und lehne es ab, nur die Premiumteile des Rindes zu verarbeiten. Und das Bäckchen des Pommerschen Rindes ist stark marmoriert und geschmort unglaublich saftig."

Neben dem Bäckchen gibt es ein bei 60 Grad gegartes Stück Rinderrücken. Wilken: "Unter den Pilzen können im Sommer auch Pfifferlinge sein." So finden sich auf dem Teller zwei völlig unterschiedlich zubereitete Fleischstücke: erstens der magere und zarte Rinderrücken (den man superdünn schneiden und damit Soße aufgabeln kann) und zweitens das Bäckchen, das so zart geschmort ist, dass man es mit dem Löffel zerteilen und essen könnte.

Der Wein ist rot: ein 2011er Côtes du Rhône AC "Noble Dame des Champs", trocken, Cave de Cairanne, Rhône. Durch seine sanften Tannins, die schöne Harmonie und das lange, lebhafte Finale im Gaumen passe er perfekt zum Pommerschen Rind, sagt der Experte vom Weinkontor.

Die Nachspeise erinnert wieder eher an minimalistisches Design. "Dessert von Erdbeeren, Topfen (Quark) und Verveine". Das ist eine Kombination, deren Herstellung heimische Herdakrobatik überschreitet. So wird aus Topfen und Verveine (Zitronenstrauchblätter) ein Marshmallow gezaubert. Weiterhin finden sich strohhalmdünne Stäbchen von Schoko- und Biskuitgebäck und ein "Riegel" von Erdbeeren und Topfen, den man als "Erdbeerschnittchen" einordnen könnte, wäre da nicht ein Teigboden aus Verveine, den der Koch nach seiner französischen Herkunft Sable nennt. Auch das ist feinste Küche. Dazu passt ein lieblicher Wein: ein 2007er Montravel blanc doux, lieblich, Château Puy-Servain Terrement, Bergerac. In seiner Komplexität, Konzentration und unendlichen Länge im Abgang setzt er dem Menü die Krone auf.

Die Aktionen

Jeden Monat belebt das Abendblatt in diesem Jahr eine der erfolgreichen Aktionen aus seiner Geschichte neu:

Februar: Die Hochzeitskutsche

März: Der Frühlingsgruß

April: Das Lieblingsmenü

Mai: Das Abendblatt-Schiff

Juni: Herr Lombard lebt

Juli: Das Sommerrätsel

August: Bürgermeister-Barkasse

September: Wer will mich haben?

Oktober: Sparen und genießen

November: Lieblingsstücke

Dezember: Märchen im Michel

Das Abendblatt-Lieblingsmenü läuft weiter. Aufgrund des großen Erfolges stellen wir von Ende Mai an jeden Monat ein Restaurant vor, in dem Sie ein außergewöhnliches Fünf-Gänge-Menü mit Weinen genießen können.