17 Bewohner verlieren durch Brandstiftung an einem Hochhaus ihre Wohnung

Billstedt. Der beißende Geruch von Rauch hängt immer noch in ihren Wohnungen, Fenster sind zerborsten, eine Rußschicht bedeckt Möbel und Wände. 17 Bewohner des Mehrfamilienhauses an der Archenholzstraße in Billstedt können vorübergehend nicht in ihrem Zuhause leben, in dem sie Donnerstagnacht von einem Feuer überrascht worden sind.

Unbekannte Täter haben um kurz vor Mitternacht einen Motorroller vor dem neungeschossigen Gebäude angezündet, die Flammen griffen schnell auf die Hausfassade über. Durch den Brand, bei dem giftige Rauchgase in das Mehrfamilienhaus gelangten und der für einen Großeinsatz der Feuerwehr sorgte, sind elf Menschen verletzt worden. Eine 62-jährige Frau schwebte zwischenzeitlich sogar in Lebensgefahr. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

Um 23.54 Uhr bemerkte eine Bewohnerin vor der Haustür einen brennenden Motorroller und verständigte die Feuerwehr. Als die 60 Rettungskräfte vor Ort eintrafen, hatten die Flammen bereits auf zwei weitere Motorroller übergegriffen. Da die Fahrzeuge dicht an der Hauswand abgestellt waren, dehnte sich das Feuer schnell auf die Fassade des Hauses und eine Erdgeschosswohnung aus. "Durch die Hitzeeinwirkung zersprangen die Scheiben mehrerer Wohnungen im ersten und zweiten Stock", sagte Feuerwehrsprecher Martin Schneider. Dadurch breiteten sich die giftigen Rauchgase im Treppenhaus und in Wohnungen aus. Zehn Bewohner zwischen 17 und 64 Jahren sowie ein Kind erlitten Rauchgasinhalationen und wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht, 13 Bewohner wurden im Großraumrettungswagen betreut. Eine 62-jährige Bewohnerin des Hauses wurde lebensgefährlich verletzt. "Ihr Zustand soll sich aber nach Auskunft der Ärzte stabilisiert haben", sagte Polizeisprecher Mirko Streiber.

Helmut Brandt, der im sechsten Stock des Wohnhauses lebt, ist froh, dass ihm und seiner Frau nichts passiert ist. "Gegen Mitternacht hörte ich einen lauten Knall", sagte der 76-Jährige. "Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich einen hellen Schein. Dann riefen Menschen Feuer, Feuer!" Daraufhin sei er ins Treppenhaus gelaufen, wo ihm dichter Qualm entgegengekommen sei. "Ich bin wieder in die Wohnung gegangen, habe meine Frau geweckt. Wir haben auf unserem Balkon ausgeharrt, bis die Feuerwehr angerückt ist." Nach dieser schrecklichen Nacht konnten viele nicht ins Haus zurückkehren. "Zwei Paare und eine Katze haben wir in einem Hotel untergebracht", sagte Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamtes Mitte. 13 Bewohner seien bei Bekannten untergekommen. "Vier Wohnungen sind vorübergehend nicht bewohnbar", sagte Michael Ahrens, Sprecher des städtischen Wohnungsunternehmen Saga/GWG, dem das Wohnhaus gehört. Zunächst müsse es eine technische Reinigung geben, um Ruß und Rauchgeruch zu entfernen. "Wir gehen davon aus, dass die betroffenen Mieter Anfang Juni wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können." Der Schaden betrage etwa 100 000 Euro.

Es ist nicht das erste Mal, dass Brandstifter einen Motorroller angesteckt haben und Menschen deshalb zu Schaden gekommen sind. Im Mai 2011 setzten Unbekannte vor der Bäckerei Die kleine Konditorei in Eimsbüttel einen Motorroller in Brand. Neben den Schäden an den Wohnungen und der Bäckerei mussten fünf Menschen mit teils schweren Rauchgasvergiftungen im Krankenhaus behandelt werden.

Ein tödliches Ende nahm eine Brandstiftung im Mai 2007: Der Täter hatte einen Motorroller vor einem Wohnhaus in Lurup angezündet. Die 58-jährige Bewohnerin hatte im ersten Stock geschlafen, als sie vom Feuer überrascht worden war. In Panik war sie aus dem Fenster gesprungen. Einen Monat später starb die Frau an ihren Brandverletzungen. "Motorroller in Brand zu setzen, ist kein Kavaliersdelikt", sagte Polizeisprecher Mirko Streiber. "Die Fahrzeuge stehen häufig sehr nah an Wohnhäusern." Somit könnten die Flammen schnell auf die Gebäude übergreifen und Bewohner gefährden.

Generell ist die Zahl der Fahrzeugbrandstiftungen seit Mitte vergangenen Jahres zurückgegangen. Es haben immer wieder vereinzelt Autos gebrannt. "Aber es ist weniger geworden", sagte Streiber. Dazu hätten verschiedene Faktoren beigetragen. "Unter anderem hat es einige Festnahmen von Brandstiftern gegeben." Darunter ist auch der Serienbrandstifter Wilfried M., der von Mai bis Dezember 2011 mindestens zehn Autos angezündet haben soll.

Im aktuellen Billstedter Fall sucht die Polizei nun nach Zeugen. Hinweise: Telefon 428 65 67 89.