Eine Glosse von Iris Hellmuth

Nachdem Bastian Schweinsteiger am Mittwochabend für seinen Verein den wohl wichtigsten Elfmeter des Jahres geschossen hatte, sagte er auf die Frage, was ihm währenddessen durch den Kopf ging: "Irgendwie ..., dass der Ball ins Tor muss." Super, dachte man da, mit Puls 180 und abgekauten Fingernägeln, das ist doch mal ein Satz. Da bringt einer die Mindestanforderung seines Jobprofils auf den Punkt, setzt sie um und wird dafür gefeiert wie ein Popstar. Wann ist das schon mal so im Leben? Oder bei der Arbeit?

Im Verlagshaus Axel Springer zum Beispiel gibt es einen Fahrstuhl, der in jedem Stockwerk vergisst, wo er das nächste Mal halten muss. Ein Gestöhne und Gefluche geht dann immer los, da muss nämlich jeder Kollege noch einmal nachdenken, wo er denn eigentlich hinwill, und den Knopf dafür drücken und dabei ein bisschen genervt schauen. Seit Wochen geht das schon so, und niemand scheint sich zu merken, welcher der sechs Fahrstühle der vergessliche ist. Jedenfalls ist er jeden Morgen aufs Neue voll.

Ich habe lange überlegt, was diesen Fahrstuhl so sympathisch macht, und dann spielte der FC Bayern gegen Real Madrid im Halbfinale der Champions League. Es endete im Elfmeterschießen, mit dem entscheidenden Strafstoß, zu dem Bastian Schweinsteiger antrat - und traf. Und da fuhr es mir wie ein Blitz ins Hirn: Das Tolle an diesem Fahrstuhl ist seine unzerstörbare Arbeitsmoral. Da erfüllt einer nicht mal die Grundvoraussetzungen seines Jobs und kommt trotzdem jeden Morgen zur Arbeit. Im Grunde fände ich es angebracht, dass dieser Fahrstuhl Mitarbeiter des Monats wird; was sich im Hinblick auf das Jahr ergibt, müsste man abwarten. Aber viel kann eigentlich nicht mehr kommen. Höchstens ein Schweinsteiger auf dem Weg in die Sportredaktion - der den Knopf mit der 7 drückt und dann flucht und noch mal neu denkt, aber wann wird das schon passieren, denkt man bei sich im Wohnzimmer, dieser FC Bayern, das ist ja keine Fahrstuhlmannschaft.