Ein Kommentar von Verena Fischer-Zernin

"Education" heißt jene Disziplin, die auch solche Kinder für die Musik gewinnen will, die von ihren Eltern nicht jeden Tag zum Ballett, Hockey oder zur Musikstunde kutschiert werden. Der britische Choreograf Royston Maldoom hat vor Jahren mit durchaus brachialer Strenge eine gefühlte Hundertschaft Halbstarker aus Berliner Problemquartieren dazu gebracht, sich tanzend zu Strawinskys "Sacre du Printemps" zu bewegen, zu den Proben zu erscheinen und bei der Aufführung auch wirklich aufzutreten. Indem er sie ernst nahm und ihnen etwas abverlangte, konnten sie über die Monate an sich selbst wachsen. 2004 erzählte der Film "Rhythm Is It" in den deutschen Kinos von dem Projekt. Spätestens seit dem preisgekrönten Dokumentarfilm ist die "Education" in aller Munde. Ein Jegliches hat eben seine Zeit, das gilt auch für die wundersame Verwandlung an sich banaler Erkenntnisse in Zeitgeist.

Dass Musikmachen die Persönlichkeitsentwicklung begünstigt, wusste man schon lange - wo sonst sind schon manuelle Geschicklichkeit, differenzierte Sinneswahrnehmung und soziale Fähigkeiten gleichzeitig gefragt? Doch solche Erkenntnisse in die Wirklichkeit zu bringen erfordert viele weitere und oft mühsame Schritte. Wer sich darum verdient macht, wie etwa die Initiatoren von "Jedem Kind ein Instrument", verdient allen Respekt.