Populisten gefährden das Schengen-Abkommen

Wenn nichts mehr geht, geht's gegen Europa. Nach diesem Motto kämpfen derzeit auf dem Kontinent Populisten um Stimmen. So war es vor einem Jahr, als Dänemarks Rechte im Wahlkampf plötzlich die Schlagbäume niederließ und damit das Schengener Abkommen aushebelte. Und so ist es nun, wenn der französische Innenminister Claude Guéant wieder Grenzkontrollen für Europa als Ultima Ratio, als letztes Mittel, fordert. Am Sonntag wählt Frankreich.

Claude Guéant kämpft nicht allein, der deutsche Innenminister unterstützt ihn. Doch was treibt Hans-Peter Friedrich (CSU), mit seinem Amtskollegen diese Attacke auf das Schengener Abkommen zu reiten? Ist es gut gemeinte Wahlkampfhilfe für den Kollegen in Paris? Oder doch Ausdruck verzweifelter Profilierungsversuche der CSU zulasten Europas?

Man erinnere sich an das Echo, das die symbolischen Grenzkontrollen der Dänen im vergangenen Jahr ausgelöst haben. Die EU-Kommission polterte, sie werde "jeglichen Versuch, den EU-Vertrag zurückzudrehen", nicht akzeptieren. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sah "raschen und detaillierten Aufklärungsbedarf". Das Schengen-Abkommen und die Reisefreiheit innerhalb Europas "dürfen nicht infrage gestellt werden". Und Elmar Brok, das Gesicht der Union in Brüssel, sah "einen wirklichen Erfolg der europäischen Einigung" in Gefahr.

Heute herrscht Schweigen. Gegner hat Europa viele, die Freunde machen sich rar. In der Union, der Partei der europäischen Integrationsfiguren Konrad Adenauer und Helmut Kohl, scheint man europamüde zu sein. Die großen Projekte der Einigung, ob Euro oder Schengen, beflügeln die Politik kaum mehr, sie werden zur Last. Nicht die Chancen werden betont, sondern die Risiken. Statt das Epochale des Schengener Abkommens - die neue Freizügigkeit, den Wegfall der Grenzkontrollen - gegen alle Vorbehalte zu verteidigen, werden nun die Gefahren betont und eine massenhafte Zuwanderung illegaler Einwanderer suggeriert. So schleift man eines der letzten Symbole der europäischen Idee. Darin liegt der dramatische Fehler von Guéant und Friedrich.