Wenn Hamburgs GAL sich in Grüne umbenennt, verzichtet sie auf einen Markenbegriff

Irgendwann im Sommer wird die Hamburger GAL-Bürgerschaftsfraktion ihr 30. Jubiläum feiern. Die Grün-Alternative Liste, wie sich die Elbgrünen bis zum heutigen Tag eigensinnig nennen, versteht sich auf Feste: Die Kombattanten von einst, Fundis und Realos, frühere Senatoren, Minister und Staatsräte werden sich in friedlich-launiger Absicht treffen, um Erinnerungen auszutauschen.

Keine Frage: Mit 30-jähriger Geschichte im Rücken ist die GAL längst eine etablierte Partei, zweimal stellte sie den Senat mit. Aus den Spontis von einst, die den parlamentarischen Betrieb kräftig durchlüften wollten und einst Skandale provozierten, ist eine wichtige, respektierte Stimme im Konzert der Landespolitik geworden.

Doch der Blick zurück verklärt ein wenig die Lage: Die Gegenwart ist durchaus trister, die Prognose unsicher. Die GAL hat sich von dem selbst verursachten Machtverlust vor einem Jahr in der Folge der Aufkündigung des schwarz-grünen Bündnisses nicht wirklich erholt. Statt Rot-Grün, wie erhofft, heißt es jetzt Opposition gegen den SPD-Senat. Inhaltlich ist die Partei mit ihren großen Reformprojekten Primarschule und Stadtbahn gescheitert. Und schließlich rütteln mit den Piraten neue Unbedarfte, die gerade auch im grünen Wählerspektrum wildern, am Tor des Rathauses.

Kurzum: Die Hamburger GAL hat allen Grund, sich selbstkritisch zu fragen, wo sie steht und wohin sie will. Vielleicht ist das ja auch der richtige Augenblick, über den Namen GAL nachzudenken, wie es die Mitgliederversammlung am heutigen Sonnabend vorhat. Die Basis soll darüber abstimmen, ob die Partei künftig ausschließlich den Namen Grüne trägt, wie alle anderen Landesverbände auch.

Nüchtern betrachtet, fehlt heute die schlüssige Begründung für die Bezeichnung Liste. Die GAL ist schon lange kein lockerer Listen-Zusammenschluss von Initiativen, Bewegungen und Individualisten zum Zwecke der gemeinsamen Wahl mehr. Sie ist eine Partei wie andere auch. Und was soll, was kann "alternativ" heute bedeuten? Lange trugen sie den Zusatz zu Recht: Die Hamburger waren, auch ihrem Selbstverständnis nach, die alternative Speerspitze der Öko-Partei.

Während in anderen Ländern noch konservative Umweltschützer den grünen Ton vorgaben, war die GAL seit ihren Anfängen großstädtisch und entschieden links. Sie lenkte ihren Blick auch auf die sozialen Probleme der Stadt. Die GAL war innovativ und kreativ, nahm gesellschaftliche Debatten vorweg oder stieß sie mit an. Sie stellte die erste Frauenfraktion auf und praktiziert bis heute ein bisweilen rücksichtsloses Mann-Frau-Reißverschluss-Prinzip, etwa bei Kandidaten-Aufstellungen. Wenn andere Parteien heute um die Einführung der Quote ringen, dann können die Grün-Alternativen nur müde lächeln.

Ganz weit vorn war die GAL bundesweit auch, was ihre Wahlergebnisse anging. Um zu wissen, wie es geht, blicken Grüne heute nach Baden-Württemberg. Mit der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene 2008 war die GAL noch einmal bundesweit Vorreiter. Alles verweht.

Ist die Bezeichnung GAL also nur pure Nostalgie? Vielleicht. Andererseits ist das einprägsame Kürzel ein Markenname. Kein Marketing-Profi würde dazu raten, darauf leichtfertig zu verzichten. Die Hamburger Mitglieder müssen sich also fragen, ob sie dem Anspruch des Grün-Alternativen (wieder) gerecht werden oder sich als grüne Normalos einreihen wollen.

Eine ganz schlechte Begründung für den Namenswechsel ist die Überlegung, dass sich mit dem Kürzel Grüne ein paar Prozentpunkte mehr bei Wahlen holen lassen als mit GAL.

Denn dass die Hamburger Ergebnisse schlechter ausfallen als in Berlin oder Baden-Württemberg, liegt nun mit Sicherheit nicht am Namen. Dann schon lieber Mut zur (Namens-)Vielfalt und: Strengt euch an!