Militärisch ist das Problem an Afrikas Küste nicht zu lösen

Es wäre interessant zu erfahren, ob die Militärs der EU die griechische Sage der "Atalanta" gründlich studiert haben, bevor sie ihrer Anti-Piraten-Mission diesen Namen gaben. Denn die Geschichte der jungfräulichen Jägerin ist ein einziges Chaos aus Gewalt und Tod. Allerdings hat die Dame ihre Gegner stets konsequent erledigt - und das ist mehr, als man von den EU-Piratenjägern behaupten kann. Am Horn von Afrika und an anderen maritimen Brennpunkten hat sich eine kriminelle Industrie mit mafiaartigen Strukturen entwickelt. Mit der Captain-Hook-Romantik aus Peter Pan hat dies nichts zu tun. Allein den Golf von Aden passieren jährlich rund 25 000 Schiffe; der Schaden für die Weltwirtschaft durch somalische Piraten wird von manchen Experten auf nahezu zehn Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Bislang hat vor allem die EU mit einem Arm hinter dem Rücken dagegengekämpft. Das Verfahren, Piraten lebend zu fassen, um sie in Hamburg vor Gericht zu stellen - wo sie womöglich Asyl beantragen -, ist sehr human, aber wenig effektiv.

Bewaffnete Angriffe der mit Maschinenwaffen und Granatwerfern ausgerüsteten Seeräuber, die von Mutterschiffen aus operieren, sollten mit Waffengewalt unterbunden werden - so weit möglich. Das kann das Militär tun, aber auch ziviles Schutzpersonal.

Die Ausweitung der Piratenbekämpfung auf die Küstenzone kann zwar im Einzelfall sinnvoll sein, wenn dabei logistische Strukturen der Banden, ihre Werften, Waffenlager und Ähnliches zerstört werden. Doch diese Eskalation birgt Risiken. Zum einen besteht die Gefahr, dass Unbeteiligte getötet werden. Zum anderen könnten Piloten in Geiselhaft geraten.

Im Übrigen ist das Piratenproblem rein militärisch gar nicht zu lösen. Der Dreck der westlichen Flotten sowie Fangschiffe haben die Lebensgrundlage der Küsten-Somalis - Fisch - längst vernichtet. Ihr Land ist ohnehin eine einzige Kriegszone. Mangels Alternativen werden sie Piraten. Doch zum heilsamen Titanenwerk einer wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung Somalias wird sich die Weltgesellschaft kaum aufraffen.