Anleger haben 2011 gelitten, besonders die Solarbranche hat viel Geld verbrannt. Hamburger Unternehmen Conergy trauriger Spitzenreiter.

Hamburg. Nur wenige Jahre brauchte die deutsche Solarbranche für den Wandel vom Hoffnungsträger zum Megaflop an der Börse: Aktionäre, die Anfang 2007 in solche Firmen investierten und nicht rechtzeitig wieder ausstiegen, haben heute in etlichen Fällen ihren Anlagebetrag praktisch komplett verloren.

"Finger weg von Modethemen, das gilt nicht nur für Solar, sondern für alle Modethemen", sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), bei der Vorstellung ihrer Liste der 50 größten Kapitalvernichter. Fünf Firmen aus dem Solarsektor finden sich in der Liste. Solar Millennium, Solarhybrid, Solon und Q-Cells tauchen nur deshalb nicht auf, weil sie inzwischen Insolvenz angemeldet haben.

Mit Conergy - ebenfalls aus dieser Branche - hat in diesem Jahr ein Hamburger Unternehmen die zweifelhafte Ehre, an der Spitze der Liste zu stehen. Um nicht weniger als 99,6 Prozent ist der Kurs in den zurückliegenden fünf Jahren bis Ende 2011 gefallen. Auf Platz sechs rangiert die Baumarktkette Praktiker, deren Zentrale bis Ende September zur Tochtergesellschaft Max Bahr nach Hamburg umzieht.

Doch zu den 50 schlimmsten Kapitalvernichtern zählen noch fünf weitere Firmen aus der Hansestadt. Angesichts der Krise der Schiffsfonds sind darunter die drei Emissionshäuser MPC, HCI Capital und Lloyd Fonds. Hinzu kommen der Windanlagenbauer Nordex sowie der Pflegeheimbetreiber Marseille-Kliniken. Dessen Aktien verloren zwar über den Fünfjahreszeitraum gut 80 Prozent an Wert, im Jahr 2011 allerdings schafften sie bereits wieder ein Kursplus. Zum Vergleich: Der Deutsche Aktienindex (DAX) sackte seit Anfang 2007 um mehr als zehn Prozent ab, der Index der mittelgroßen Titel (MDAX) um knapp sechs Prozent.

Für die Zusammenstellung der Negativliste nutzt die DSW ein Punktesystem, das die Kursentwicklung der Unternehmen über ein, drei und fünf Jahre berücksichtigt. Dabei wird der Fünfjahreszeitraum am stärksten gewichtet.

+++ Hamburger Firma ist "größter Kapitalvernichter" +++

Nach dieser Systematik ist die Schweizer Beteiligungsgesellschaft Corporate Equity Partner, die aus dem Neuer-Markt-Wert Fantastic hervorging, der zweitgrößte Kapitalvernichter. Sie ist nach Angaben von Tüngler das erste Unternehmen, dem es gelang, dreimal hintereinander in die "Top drei" vorzustoßen, ohne in die Insolvenz zu gehen. Mit der November AG steht in diesem Jahr eine weitere Beteiligungsgesellschaft, spezialisiert auf Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien, auf Platz drei.

Wie schon im Vorjahr sind abermals zwei DAX-Werte in der Liste vertreten: der Energieversorger RWE und die Commerzbank. Auf der RWE-Hauptversammlung in der kommenden Woche müsse sich zeigen, inwieweit das Management es verstehe, die Herausforderungen der Energiewende anzunehmen und eine strategische Antwort darauf zu finden, so Tüngler. Nachdem die RWE-Papiere zuletzt jedoch eine "respektable Aufholjagd hingelegt" haben, geht der Anlegerschützer davon aus, dass der Auftritt des Energiekonzerns in der "Watchlist" ein einmaliges Ereignis bleiben wird.

Nach dem einstigen Solarboom ist den Anlegerschützern zufolge nun das Thema Mittelstandsanleihe der neue "Hype". Leider müsse die DSW immer wieder feststellen, dass viele Anleger das Risiko dieser Kredite falsch einschätzen. Als Beispiel nannte Tüngler ein Papier von Praktiker: Das Unternehmen hatte noch im Februar 2011 eine Anleihe mit einer stolzen Rendite von 5,875 Prozent pro Jahr angeboten. "Doch jetzt zeigt sich, dass auch Gesellschaften mit bekannten Markennamen in Schieflage geraten können", betont die DSW. Denn Praktiker-Chef Thomas Fox forderte einen "Sanierungsbeitrag" der Anleger: Sie sollten die Senkung des Zinssatzes auf nur noch ein Prozent abnicken. "Das erinnert durchaus an den von Griechenland durchexerzierten Schuldenschnitt", sagt Tüngler.

Ein Lichtblick für Anleger seien die Dividenden: Allein die DAX-Konzerne überweisen in diesem Jahr 27,5 Milliarden Euro an ihre Aktionäre. Das sind sechs Prozent mehr als 2011 und fast so viel wie im Rekordjahr 2008.