Umbauten werden deutlich teurer als geplant. Pro Jahr stehen rund 350 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Bis 2016 sind 840 Baumaßnahmen geplant.

Othmarschen. Bauherren wissen das. Es gibt viele Probleme, immer wieder muss improvisiert werden, und meistens dauert es länger als geplant. Wie ist es aber, wenn eine Schule bei laufendem Betrieb neu gebaut wird? "Eltern, Lehrer und Kinder müssen die richtige Einstellung haben. Dann klappt es", sagt Sigrid Heitmann-Baden, Leiterin der Grundschule Klein Flottbeker Weg. Die Grundschule ist sieben Jahre nach dem Bauantrag für einen Schulneubau gerade mit acht von 14 Klassen und der Verwaltung in den Neubau gezogen, ein klimafreundliches, CO2-neutrales Gebäude. Die Schule hat damit bald das hinter sich, was viele der hamburgweit mehr als 400 Schulen in 3200 Gebäuden noch vor sich haben. Schulbau Hamburg plant, bis 2016 rund 840 Neu-, Um- und Erweiterungsbaumaßnahmen sowie Sanierungsvorhaben durchzuführen. In den kommenden Jahren stehen dafür im Schnitt rund 350 Millionen Euro zur Verfügung. Doch schon jetzt ist nach neuesten Berechnungen der Schulbehörden klar, dass der Umbau und die Sanierung der Schulen deutlich teurer wird als geplant. "In der bisherigen Kostenstruktur wäre eine zeitgerechte Fertigstellung sehr schwierig. Tatsächlich haben Prüfungen ergeben, dass im Schulbau deutlich sparsamer gewirtschaftet werden kann", so Schulsenator Ties Rabe (SPD) zum Abendblatt. Der Vorgängersenat hatte einen Sanierungsstau von rund drei Milliarden Euro festgestellt.

+++CO2-neutrale Grundschule+++

Wann welche Schule an die Reihe kommt, ist nach Angaben der Schulbehörde aber noch unklar. Derzeit werden mehr als 490 Baumaßnahmen und 400 Sanierungen realisiert. So soll die Goldbekschule am Poßmoorweg für 11,5 Millionen Euro neu gebaut werden, ebenso die Grundschule Hoheluft für rund 3,5 Millionen Euro. Die Stadtteilschule Winterhude soll eine neue Sporthalle bekommen, die Kosten werden etwa 5,9 Millionen Euro betragen. "In den kommenden Jahren ergeben sich fast an jeder Schule in irgendeiner Weise Bauvorhaben", sagt Peter Albrecht, Sprecher der Bildungsbehörde.

Im April 2010 wurde ein Teil der alten Schulgebäude am Flottbeker Weg abgerissen, jetzt steht der erste Teil des Neubaus. Beendet sind die Bauarbeiten also noch nicht. Es riecht neu in dem Schulgebäude mit den weißen, kahlen Wänden. Grün, orange oder lila sind nur vereinzelte Wände, die Teil eines Farbkonzepts sind. Direkt angrenzend soll die Turnhalle einmal stehen. Die Fertigstellung ist für 2013 geplant. Der Neubau ist in zwei Bauabschnitte geteilt. Der erste ist fast beendet. Es funktioniert längst nicht alles, die Steuerung der Belüftung habe noch ihre Tücken, sagt die Schulleiterin. Eine Süßigkeitenschachtel mit der Aufschrift "Nervennahrung" in dem Regal ihres neuen Büros gibt eine Ahnung von dem, was hinter Sigrid Heitmann-Baden liegt. "Solch ein Neubau ist eine Herausforderung für die ganze Schulgemeinschaft", sagt die 57-Jährige.

Kurz bevor die alten Pavillons aus den 70er-/80er-Jahren abgerissen wurden, durften die Schüler ihre alte Schule von außen anmalen. Es gab Architektenfragestunden für die Kinder. "Wir haben versucht, jeden Schritt mit Aktionen zu begleiten und ihn so in der Wahrnehmung der Kinder hervorzuheben." Und doch müssen die Schüler seit Jahren mit Einschränkungen leben. Sechs Klassen sind am benachbarten Gymnasium Othmarschen ausgelagert. Weil der Schulhof im Zuge der Bauarbeiten kleiner ist, gibt es weniger Platz zum Bewegen, der Musikraum war wie die Bibliothek lange nicht nutzbar. "Es gab weniger Angebote am Nachmittag. Unsere Neigungskurse mussten von sechs auf zwei reduziert werden", so Frau Heitmann-Baden. Möglicher Baulärm hingegen war nie ein Problem. Und doch habe jede neue Situation wieder neue Unruhe in den Schulalltag gebracht. "Solch ein Projekt kann nur gelingen, wenn Eltern, Kollegen und Kinder Einschränkungen annehmen. Alle müssen eine gewisse Gelassenheit entwickeln." Die Kinder, sagt die Schulleiterin, hätten mit den Bauarbeiten am wenigsten Probleme. "Für die war es toll und spannend. Spontan und flexibel sein, das können aber nicht alle."

Eine größere Umstellung als der Abriss des alten Gebäudes sei der Umzug einiger Klassen in den Neubau gewesen. "Das löste eine unglaubliche Irritation aus. Für die Kinder ist es eine große Umstellung, sich hier zurechtzufinden. Alle gewohnten Abläufe werden aufgebrochen", so Heitmann-Baden.

Vor 30, 40 Jahren als Pavillonschule gebaut und lediglich als Provisorium gedacht, sollen die 300 Schüler künftig in einem einzigen Gebäude lernen und leben. Energietechnisch ist bei dem Elf-Millionen-Euro-Bau alles vom Neuesten. Was das Raumkonzept und die Größe angeht, jedoch nicht: "Das Schulgebäude ist eigentlich schon veraltet", sagt Sigrid Heitmann-Baden. Denn als das Gebäude geplant wurde, war in Hamburg noch keine Rede von ganztägiger Bildung und Betreuung an Grundschulen. Erst während der Realisierung haben sich die schulpolitischen Umstände immer wieder geändert. Im kommenden Jahr beginnt die Schule mit GBS. Die Schulleiterin: "Jetzt muss unsere Küche erweitert werden." Dazu soll - wie in anderen Grundschulen - die vorhandene Versammlungsfläche, die jetzige Aula, die sogenannte P'Aula, umgebaut werden. Weil der Bedarf an einer Anschlussbetreuung im gesamten Hamburger Westen stark ansteigt, hatte Sigrid Heitmann-Baden bereits 2007 einen Ergänzungsantrag gestellt auf Räume für eine Anschlussbetreuung. Trotz des Neubaus hat sie zurzeit nur Platz für zwei Gruppen mit höchstens 50 Kindern. "Unser Betreuungsbedarf liegt aber schon jetzt bei mehr als 100 Kindern."

Damit hat die nagelneue Grundschule Klein Flottbeker Weg schon wieder das Problem, das die meisten Hamburger Schulen haben: zu wenig Platz. Die Schulleiterin: "Unsere Aufgabe ist es jetzt, in den nächsten Jahren mit den vorhandenen Räumen ein Raumnutzungskonzept mit unserem Kooperationspartner zu entwickeln." Räume müssen wie an anderen Ganztagsschulen überwiegend auch doppelt genutzt werden.