Zur 13. Tattoo Convention kamen Tausende in die Markthalle und nahmen die Möglichkeit wahr, Tätowierern über die Schulter zu schauen.

Hamburg. Ostersonntag, 12 Uhr mittags. Während andere vom Gottesdienst kommen oder sich vom Nachwuchs die erbeuteten Osterschätze zeigen lassen, warten vor dem Eingang der Markthalle hippe Szenetypen, Rockabillys mit sorgsam gekämmter Tolle und knorrige Altrocker. Bodybuilding-gestählte Muskelmänner mit gertenschlanken Schönheiten reihen sich neben unauffälligen Hemdträgern und Kleinfamilien ein, die Schlange reicht bis zur Kreuzung.

Sie alle warten geduldig darauf, dass die 13. Hamburger Tattoo Convention, die drei Tage lang im Klub am Hauptbahnhof gastiert, öffnet. Wer erst einmal drinnen ist, findet sich wieder in einem Strudel aus Farben, Formen und Motiven. In buchstäblich jeder Ecke, jedem Winkel des beileibe nicht kleinen Gebäudes sitzt jemand, um seine Waren oder seine Kunst feilzubieten. Italien liegt neben den USA, Neuseeland und Berlin sind gleich um die Ecke. Es herrscht ein babylonisches Sprachgewirr, das vom prägnanten Sirren der Tätowiermaschinen unterlegt wird.

Während im Hauptsaal das Rahmenprogramm für Unterhaltung sorgt, Bands auf- und wieder abtreten und zwei knapp bekleidete Polebatics-Artistinnen kopfüber um eine Stange wirbeln, schlägt das eigentliche Herz der Veranstaltung im zweiten Stock. Dort sind die meisten der vom Organisationsteam um Frank Krabbenhöft, Inhaber des Studios Endless Pain und Initiator der Convention, persönlich eingeladenen Tätowierer untergekommen. An jedem Stand kann man in Fotomappen blättern, die vergangene Projekte zeigen oder sich Präsentationen auf Laptops anschauen.

Doch die eigentliche Faszination macht aus, dass man den Tätowierern bei der Arbeit am lebenden Objekt zuschauen kann. Viele Besucher haben die Chance genutzt und sich einen Termin bei einem der international bekannten Meister des Fachs gesichert. Arme, Beine, Oberkörper, Rücken - überall liegen und sitzen Kunden, geben sich sehr lässig oder sind sichtbar aufgeregt, lesen in einem Buch, hören Musik oder schauen in die Gesichter der Neugierigen, die sich dicht gedrängt vorbeischieben. Man fühlt sich, wie man sich in der U-Bahn in Tokio zur Rushhour fühlen muss: Es geht nur sehr langsam vorwärts. Und wenn mehrere Menschen fasziniert stehen bleiben, dann versiegt die Bewegung ganz.

Einige Flaneure wagen nur scheue Blicke, andere beugen sich vor, um alles so gut wie möglich in Augenschein zu nehmen. Oder sie versuchen, die Aufmerksamkeit des Tätowierers ihrer Wahl zu erwecken: "Hast du heute noch Termine frei? Ich hätte da so eine Idee ..."