Der Blaue Pfau im Tierpark Hagenbeck zeigt ab spätestens Ostern wieder stolz sein Gefieder. Und er ist in ein Meerschweinchen verliebt.

Stellingen. Ein Koreaner, vielleicht erinnern Sie sich daran, hat im vergangenen Jahr sein Kopfkissen geheiratet. Das nur vorweg, bevor nachher jemand behaupten möchte, Liebe im Tierreich hätte manchmal affige Züge ... Dabei ist Pavos Angebetete im Vergleich zu einem Kissen als deutlich normaler einzustufen, bei ähnlich hohem Kuschelfaktor: Die Holde ist ein Meerschweinchen. Alles kein Problem für eine Romanze im Tierpark - wenn, ja wenn Pavo nicht ein Blauer Pfau wäre. Der sich gerade wieder optisch in Liebesbekundungen überschlägt.

"Wir nennen ihn unseren Meerschweinchen-Pfau", sagt Walter Wolters und lacht ein wenig verlegen. Die Schwärmerei halte schon etliche Jahre an. "Er steht anscheinend auf Fell und balzt jeden Frühling aufs Neue im Meerschweinchen-Gehege. Die Meerschweinchen haben sich daran aber schon gewöhnt", sagt der Vogelkurator im Tierpark Hagenbeck. Eine Liebe ohne Zukunft, aber das scheint niemanden zu stören. Auch nicht die Tierpfleger: Der Rest der großen Pfauentruppe brütet regelmäßig.

Elf erwachsene Blaue Pfauen, vier Hähne und sieben Hennen, bewegen sich frei auf den Wegen und Wiesen des Tierparks. "Sie sind eher die Spaziergänger unter den Vögeln - aber sie können recht gut fliegen", räumt Wolters mit dem Vorurteil auf, die zu den Fasanenartigen zählenden Vögel seien flugunfähig. Abends kann man das sehr schön überprüfen, denn dann zeigen die auffälligen, großen Tiere ihr ungewöhnliches Zu-Bett-Geh-Ritual: das Aufbaumen. Wolters. "Pfauen haben Schlafbäume, die sie am späten Nachmittag ansteuern." Bei Hagenbeck sind das eine große Eiche an der Aravoliere und ein Ahorn am Spielplatz.

Die ranghöchsten Tiere nehmen die besten (da sichersten) Plätze weit oben im Baum ein, rangniedere sitzen unten. Wolters: "Für Männchen mit langen Schwanzfedern ist das ganz schön kompliziert, das sieht eher nach Klettern aus." Morgens beginnt dann der gemeinsame Abstieg, und da der ein Abflug ist, geraten verschlafene Tiere dann auch schon einmal aus Versehen auf die andere Seite des Tierparkzauns. Bei ihrem Bestreben, zurück zur Gruppe zu kommen, vergessen sie nur leider meist die Gabe des Fliegens und laufen gerne kopflos außen am Zaun längs, wie Wolters sagt. "Durch eine offene Pforte kommen sie aber immer sofort wieder rein."

Blaue Pfauen, ursprünglich in Indien und Sri Lanka beheimatet, werden wegen ihres dekorativen Äußeren heute weltweit als Haustiere gehalten. Wobei nur der Hahn die auffallend blaue Farbe auf Hals, Brust und Bauch trägt, die je nach Lichteinfall auch grünlich und golden schimmern kann. Dazu tragen die Männer eine Schleppe aus stark verlängerten, bis zu 150 Zentimeter langen Oberschwanzdeckfedern, die zu dem charakteristischen Rad aufgestellt werden können. Wolters: "Die eigentlichen Schwanzfedern sind nur 40 bis 45 Zentimeter lang, braun gefärbt und liegen unter der Schleppe. Sie stützen das Schmuckgefieder." Pfauenweibchen sind unauffällig braun gezeichnet.

Auch wenn das Radschlagen, das jedes Jahr ab spätestens Ostern im Tierpark zu sehen ist, augenscheinlich das auffälligste Merkmal der Vögel ist, haben Pfauen auch noch einige andere außergewöhnliche Eigenschaften. "Anwohner des Tierparks nervt ihr Geschrei", weiß Wolters. Denn das klingt eher nach liebestollem Kater als nach einem schmucken Vogel. Außerdem können Pfauen, wie alle Fasanenartigen, in der Not ihre Federn abschmeißen. Wolters: "Durch die Schockmauser können sie Angreifern entgehen."

Bleibt zu hoffen, dass die Meerschweinchen diesen Trick nicht kennen. Und einfach weiter gelassen Pavos Werben hinnehmen. Frei nach dem Motto: "Der Kerl mit der bunten Osterdekoration ist wieder da."

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