Wilhelmsburger Reichsstraße wird für Lastwagen gesperrt. Behörde plant Umleitung über A 1 und A 255. Die Hafenwirtschaft protestiert.

Wilhelmsburg. Nach jahrelangen Verhandlungen steht nun das Verkehrskonzept für die Internationale Gartenschau (igs) an der Wilhelmsburger Reichsstraße. Im Wesentlichen sieht es eine Sperrung für Lkws sowie ein Tempolimit für Autos während der Öffnungszeiten der Gartenschau vor. Der Lastwagenverkehr führt dann zu großen Teilen über die Autobahn 1. Die Umbaumaßnahmen kosten 7,33 Millionen Euro. Das geht aus einer Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

Die Wirtschaftsbehörde hatte zwischen den Interessen der Transportunternehmen auf der einen und denen der Bürgerinitiativen sowie Gartenschau-Machern auf der anderen Seite abzuwägen. Die Wilhelmsburger Reichsstraße ist eine wichtige Nord-Süd-Verbindung für den Hafenverkehr, verläuft aber gleichzeitig mitten durch das Veranstaltungsgelände. Zwischen April und Oktober 2013 werden dort zweieinhalb Millionen Gäste erwartet. Und deren Besuch soll nicht durch Verkehrslärm getrübt werden. So ist es erklärtes Ziel, "die Lärmbelästigungen auf dem igs-Gelände während der gesamten Veranstaltungszeit so weit wie möglich zu reduzieren". Laut Senat sollen Kulturveranstaltungen so überhaupt erst durchführbar sowie die "Aufenthaltsqualität" verbessert werden.

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Konkret gilt auf der Wilhelmsburger Reichsstraße in der Zeit von 9 bis 22 Uhr ein komplettes Lkw-Verbot zwischen Wilhelmsburg und Wilhelmsburg-Süd. Die Lasterfahrer sollen über den Neuländer Hauptdeich, spätestens über die Kornweide auf die A 1 ausweichen. Dafür, aber auch nach Westen ins Hafengebiet, werden die Zufahrten und Straßen ausgebaut. Die Höchstgeschwindigkeit für Autofahrer wird auf diesem Streckenabschnitt im selben Zeitraum von 70 Kilometer in der Stunde auf 50 gesenkt. Weitere akustische Störungen sollen durch einen lärmschluckenden Asphalt sowie Lärmschutzwände vermieden werden.

Diese Maßnahmen sind beschlossen worden, da die ursprüngliche Idee, die Wilhelmsburger Reichsstraße zu verlegen, bis 2013 nicht umsetzbar war. Der Lärmpegel soll so auf weniger als 60 Dezibel reduziert werden. Zum Vergleich: 40 bis 60 Dezibel ist eine normale Gesprächslautstärke oder ein leises Radio. Grundsätzlich werde die "weitgehende Erhaltung der Verkehrsfunktion während der Ausstellungszeit für unverzichtbar" gehalten, heißt es in der Senatsdrucksache. Die Wilhelmsburger Reichsstraße sei für den Individual- und Wirtschaftsverkehr, aber auch für "die Erreichbarkeit der igs von großer Bedeutung".

Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, hatte noch Ende vergangener Woche in einem Brief an Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) appelliert, die "Teilsperrung der Wilhelmsburger Reichsstraße für Lkw während der igs nicht zu realisieren". Er begründete dies mit den "chaotischen Verkehrsverhältnissen" der vergangenen zehn Tage, in denen eine der zwei Spuren stadtauswärts gesperrt war. Teile der Fahrbahn waren abgesackt. Mögliche Ursache waren Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Gartenschau. Seit Montag fließt der Verkehr wieder flüssiger.

Laut der Senatsdrucksache werden rund 46 000 Autos und Transporter sowie etwa 7000 Lkw täglich auf der Wilhelmsburger Reichsstraße gezählt. "Wir halten die jetzige Regelung für einen vertretbaren Kompromiss", sagte Staatsrat Rieckhof dem Abendblatt. Ein Großteil des Lkw-Verkehrs würde ohnehin vor 9 Uhr aufkommen, etwa 3000 Laster. Die übrigen 4000 wären dann durch die Sperrung betroffen und müssten ausweichen.

Es besteht zudem die Möglichkeit, die Wilhelmsburger Reichsstraße bei bestimmten Veranstaltungen für eine begrenzte Zeit komplett für den Verkehr zu sperren. Bislang sind in der Senatsdrucksache allein fünf Klassik-Konzerte vorgesehen:

26. Mai 2013: Konzert der Bundespreisträger des Wettbewerbs "Jugend musiziert"

1. Juni: Symphoniekonzert mit Hamburger Kinder- und Jugendchören

15. Juni: Konzert mit den Philharmonikern Hamburg, dirigiert von Simone Young, der Starsopranistin Diana Damrau und einem Startenor

14. September: Hamburger Theaternacht sowie ein noch undatiertes Konzert des Schleswig-Holstein Musik Festivals

Aber auch das Gegenteil ist möglich. Sollte es etwa durch einen Unfall auf der Ausweichstrecke A 1 zu Staus kommen, würde die Sperrung für den Lastverkehr auf der Wilhelmsburger Reichsstraße wieder aufgehoben.

Staatsrat Rieckhof verweist darauf, dass "ein Großteil der Maßnahmen nach der igs" bestehen blieben. Darunter etwa Lärmschutzwände, Asphalt, Ampeln sowie der Ausbau von Auf- und Abfahrten. Ein Bauwerk bleibt jedoch nur vorübergehend erhalten - eine Fußgängerbrücke. Ihr Wert: immerhin zweieinhalb Millionen Euro.