Eine Glosse von Silvia Stammer

Was ist bunt, relativ unbeweglich und verströmt keinen guten Duft auf dem Rasen? Nein, die Antwort Bundesligaspieler ist falsch. Richtig ist: Narzissen, Tulpen oder Stiefmütterchen. Sie und die anderen Frühlingsblüher sind an diesem Wochenende die Stars auf dem Grün, obwohl sie, anders als Flieder oder Rosen, nur die Augen, nicht die Nase kitzeln. Doch auch wenn die Pflänzchen jetzt unter wärmender Sonne alles geben - gegen einen Blüher der besonderen Art im Norden können sie derzeit nicht anstinken. Im wahrsten Wortsinn.

Im Botanischen Garten in Kiel blüht der Titanenwurz, die größte Blume der Welt. Von Sensation sprechen die Fans, die schon früher zu XXL-Blüten-Events nach Berlin oder Stuttgart reisten, aber bislang noch nie in Kiel fündig wurden. Dabei ist das Exemplar in Schleswig-Holstein mit 21 Kilo ein Leichtgewicht unter seinesgleichen. Manche Wurze wiegen bis zu 100 Kilo und werden fast drei Meter groß. Aber auch der Kleine in Kiel soll schon stinken wie ein Großer, sagen die, die ihn schon aus der Nähe kennenlernen durften.

Nicht obwohl der Titanenwurz nach totem Fisch und Verwesung riecht, sondern weil er so außergewöhnlich eklig ist, bilden sich seit Tagen Besucherschlangen vor dem Botanischen Garten. Frei nach dem Motto: Uuaaah, wie riecht das schön scheußlich! Wer eine Nase voll nehmen will, muss sich allerdings beeilen. Schon am Sonntag soll der Reiz des Anrüchigen verblüht sein. In einer Welt, in der Köstlichkeiten wie Harzer Roller als schwer integrierbar gelten, können sich aber manche ein Vorbild an dem Miefbolzen nehmen, selbst im hochsensiblen Bereich des Fußballs. Man stelle sich vor, wie manche Nordlichter künftig voller Stolz singen: Ja, wir sind grün und stinken nach ...