Hamburger Reederei macht Nettoverlust und kündigt weitere Preiserhöhungen an. Ein Börsengang ist in nächster Zeit nicht absehbar.

Hamburg. Die hausgemachte Krise in der Containerschifffahrt könnte überwunden sein. Michael Behrendt, Chef der führenden deutschen Linienreederei Hapag-Lloyd, erwartet für das laufende Jahr deutlich steigende Transportpreise für Container, die sogenannten Frachtraten. Bei der Vorlage der Jahreszahlen für 2011 kündigte Behrendt am Dienstagabend an, dass Hapag-Lloyd im April den Preis für den Transport eines 20-Fuß-Standardcontainers (TEU) von Fernost nach Europa erneut anheben werde, und zwar um 412 Dollar. Erst kürzlich hatte die Reederei die Frachtrate auf ihrer wichtigsten Transportroute um 750 Dollar erhöht. "Hier geht es vordringlich darum, die stark gestiegenen Brennstoffkosten auszugleichen. Mit weiteren Einsparungen können wir das nicht schaffen", sagte Behrendt. "Ich gehe davon aus, dass im Laufe des Jahres weitere Ratenerhöhungen folgen werden. Bis jetzt ziehen unsere Kunden mit."

Die Containerlinienreedereien hatten - bedingt durch die Weltwirtschaftskrise - 2009 einen bis dahin beispiellosen Rückgang bei den Transportmengen erlebt. Nach einem zwischenzeitlichen Aufschwung im Jahr 2010 verfielen die Frachtraten im vergangenen Jahr erneut. Diesmal allerdings war die Ursache ein Kampf um Marktanteile zwischen den beiden weltgrößten Containerschiffslinien Maersk und MSC. "Das war ein unnötiger und ruinöser Wettbewerb einzelner Marktteilnehmer, der der gesamten Branche geschadet hat", sagte Behrendt. Auf einzelnen Strecken wie etwa von Fernost in Richtung Mittelmeer und Schwarzes Meer seien 2011 die Frachtraten zurückgegangen, obwohl die Reedereien gleichzeitig das große Ladungsaufkommen kaum noch bewältigen konnten.

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In diesem Umfeld erwirtschaftete Hapag-Lloyd für 2011 ein respektables Ergebnis. Der operative Gewinn betrug rund 80 Millionen Euro, gegenüber rund 583 Millionen Euro im Jahr 2010. Das Nettoergebnis ergab einen Verlust von 29 Millionen Euro, im Jahr zuvor waren es rund 428 Millionen Euro Gewinn. "Ich traue mich zu sagen, dass dieses Nettoergebnis eine rote Null ist", sagte Behrendt. Maersk hatte für das vergangene Jahr einen Verlust von rund 600 Millionen Dollar ausgewiesen.

Die hohen und weiter steigenden Brennstoffkosten sind derzeit aus Sicht des Hapag-Lloyd-Chefs das drängendste Problem der Branche. Im vergangenen Jahr habe Hapag-Lloyd gegenüber 2010 Mehrkosten für Schweröl von rund 600 Millionen Dollar gehabt. Derzeit koste eine Tonne Brennstoff bis zu 750 Dollar. "Die Mehrbelastung schlägt mit rund 50 Millionen Dollar im Monat zu Buche. Das müssen wir an den Markt weitergeben", sagte Behrendt. "Bei den Kosten, die wir selbst beeinflussen können, ist Hapag-Lloyd mittlerweile so schlank wie nur vorstellbar." Das interne Einsparprogramm, das 2009 mit einer Senkung der jährlichen Kosten von 1,1 Milliarden Dollar aufgelegt worden war, habe 2011 sogar Einsparungen von 1,2 Milliarden Dollar ergeben.

Behrendt verteidigte die geplante Aufstockung der städtischen Anteile an Hapag-Lloyd auf 37 Prozent. In der Hamburgischen Bürgerschaft wird das Thema derzeit kontrovers diskutiert. Die Stadt Hamburg ist neben dem Unternehmer Klaus-Michael Kühne der wichtigste Teilhaber des Konsortiums Albert Ballin, das die Mehrheit an der Reederei hält. Der Anteil des Reisekonzerns TUI, dem früheren Mutterkonzern von Hapag-Lloyd, sinkt durch die jüngsten Verschiebungen auf unter 20 Prozent. TUI will sich aus der Containerschifffahrt komplett zurückziehen.

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Das Hamburger Konsortium war 2009 bei der Reederei eingestiegen, um Hapag-Lloyd mit Hauptsitz in Hamburg abzusichern. "Wenn eine andere Reederei Hapag-Lloyd feindlich übernommen hätte, wären hier am Standort die Lichter ausgegangen. Ein Unternehmen muss ja die Synergien im Zuge einer Übernahme heben - beim Kauf von CP Ships in Kanada haben wir es vor einigen Jahren ebenso gemacht", sagte Behrendt. Er wies darauf hin, dass in einem solchen Fall auch die Ladungsströme gefährdet seien, die Hapag-Lloyd und seine Partnerreedereien im Hamburger Hafen bewegen. Der Anteil liegt derzeit bei rund 40 Prozent des Hamburger Containerverkehrs. Durch die Gründung der neuen und größeren Schifffahrtsallianz G6 könne er auf 55 bis 60 Prozent steigen.

Unklar ist, ob Hapag-Lloyd in absehbarer Zeit an die Börse geht. Mehrere Versuche dazu waren in den vergangenen Jahren gescheitert. Die Teilhaber des Konsortiums Albert Ballin wollen das Ziel aber weiterhin verfolgen. Denkbar wäre es etwa, die Anteile von TUI an die Börse zu bringen. Behrendt ließ offen, wann das geschehen könnte. Angesichts seines geplanten Ausscheidens als Vorstandsvorsitzender 2013 sagte er allerdings: "Ich würde im kommenden Jahr gern ein börsennotiertes Unternehmen übergeben."