Der Platz am Hauptbahnhof stinkt und vermüllt immer mehr. Deutsche Bahn bezeichnet sich als “machtlos“. Jetzt soll ein neues Konzept her.

Hamburg. Vorne hui, hinten pfui. Im Gegensatz zum Vorplatz am Glockengießerwall verkommt der Bereich hinter dem Hauptbahnhof zum "Schandfleck". Das kritisieren Reisende und Passanten. Am Hachmannplatz stehen mit Taubendreck verschmutzte Räder, vor einem Container liegen Zigarettenkippen und Glassplitter in Urinpfützen. An der Ecke Kirchenallee/Steintordamm sieht es ähnlich aus. Selbst im kräftigen Wind, der über den Bahnhofsvorplatz weht, riecht es unangenehm. Es sind bei Weitem nicht nur die Punks und Obdachlosen, deren Anwesenheit und Auftreten für Reisende und Touristen teils unzumutbar sind

+++ Leitartikel: Problemzone Bahnhof +++

Zuständig sind hier viele - aber anscheinend niemand so richtig. "Wir kommen einfach nicht mehr dagegen an", klagt Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn. Die ist mit ihrem Tochterunternehmen DB Station & Services für die Sauberkeit rund um den Hauptbahnhof, auch auf dem Hachmannplatz, zuständig. Beauftragt dazu wird sie von der Stadtreinigung Hamburg, die eigentlich verantwortlich ist. "Wir haben mit der Bahn eine Übereinkunft getroffen, dass sie diesen Bereich reinigt", sagt Reinhard Fiedler von der Stadtreinigung. Dazu gehöre unter anderem das tägliche Zusammenfegen von losem Kehricht - was zumindest vor dem Container nachweislich nicht geschehen sei. "Die Zigarettenkippen sind nicht die eines Tages", so Fiedler. "In einigen Bereichen gibt es hier offensichtlich Defizite. Wir werden mit der Bahn besprechen, wie man dagegen angehen kann."

+++ Hauptbahnhof erstickt im Müll - Bahn fühlt sich überfordert +++

Die Entfernung der Schrotträder rund um den Hauptbahnhof müsse der Bezirkliche Ordnungsdienst (BOD) beantragen. Doch auch der scheint nicht so genau hinzugucken. Denn manche Fahrräder parken schon eine gefühlte Ewigkeit neben den Rolltreppen zur U 2. Etwa das Fahrrad mit den beiden Körben, das hier schon seit Wochen angeschlossen ist. Auf dem Fahrradhelm, der ebenfalls gesichert ist, hat sich längst eine feste Kruste aus grauem Straßendreck gebildet. Im vorderen Korb liegen geleerte Flachmänner, im hinteren Korb häufen sich zusammengeknülltes Papier, klebrige Wurstreste und Pappbecher. Oder das bereits ausgeschlachtete Damenrad, Größe 28, ohne Vorderreifen am Stahlbügelschloss. Solche "Fahrradleichen" muss der BOD mit roten Zetteln kennzeichnen. "Stehen die Räder nach vier Wochen immer noch am selben Platz, werden sie von uns abgeholt", sagt Fiedler. Ebenfalls zu den Aufgaben des BOD gehöre es auch, Hinweise auf grobe Verschmutzungen zu geben oder "sogenannte Wildpinkler zu stellen, sofern man sie erwischt", sagt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts Hamburg-Mitte. Diese hinterließen hinter dem Hauptbahnhof deutlich sichtbare und übel riechende Spuren: am Hachmannplatz an den beiden Großcontainern der Bahn, die Streugut für den Winter enthalten.

Sie versperren seit November den Blick vom Bahnhof aufs Schauspielhaus - und auf die Männer, die sich an der Rückwand erleichtern. Einziger Vorteil: Seitdem der Container auf dem Bahnhofsvorplatz steht, werde nicht mehr so häufig gegen die Türen des Ohnsorg-Theaters gepinkelt, sagen die beiden Damen aus dem Kartenbüro des Ohnsorg-Theaters. Ende März kann sich das wieder ändern. "Dann kommen die Container weg", sagt Egbert Meyer-Lovis von der Deutschen Bahn.

+++ Platzverweise an der Tagesordnung +++

An der Ecke Kirchenallee/Steintordamm wird es das Problem weiterhin geben. Obwohl die Bahn hier nach eigenen Angaben alle zwei Tage eine Nassreinigung durchführt, stinkt es erbärmlich. Zu Zeiten des Pissoirs, das hier bis vor einigen Jahren stand, war es allerdings auch nicht anders: Es musste abgerissen werden, weil die Zu- und Abläufe ständig verstopft waren. "Die Zustände hier sind unerträglich", sagt Sven Jösting aus dem Bezirksvorstand der FDP. "Die Initiative des Bezirkes, das zu ändern, ist mittlerweile jedoch gleich null." Seit zwei Jahren befasse sich seine Partei mit Überlegungen, hier eine selbstreinigende, stabile WC-Anlage einzurichten, die sich über Werbung und Fotovoltaik selber finanziere. Hier biete sich eine ökologisch-ökonomische Lösung an. "Der Hauptbahnhof ist eine der wichtigsten Visitenkarten der Stadt", so Jösting.

Dieser Meinung sind alle Verantwortlichen. Deshalb laufen derzeit Gespräche zwischen der Deutschen Bahn und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Es soll ein Konzept für die Sauberkeit erstellt und die Zuständigkeit für die Ordnung im und am Hauptbahnhof geklärt werden. Nachdem im vergangenen Herbst Pläne des zuständigen Bezirks Mitte gescheitert waren, den Bahnhofsvorplatz aus Sicherheitsgründen zu privatisieren und der Bahn ein Sondernutzungsrecht zu gewähren, hatte Staatsrat Andreas Rieckhof die Sache an sich genommen. Zum Stand der Gespräche wollte er sich nicht äußern. Unklar ist, wann ein Ergebnis präsentiert werden kann.