180 Beamte legen Widerspruch ein, fühlen sich durch das System benachteiligt. Behörde stellt für 2012 nur 3,8 Millionen Euro bereit.

Hamburg. Das ist eine bittere Pille für Hamburgs Ordnungshüter : Die Polizei will jede dritte Beförderung auf unbestimmte Zeit aussetzen. Grund ist die Welle von Widersprüchen, die Hamburger Beamte eingereicht haben, weil sie sich durch das derzeitige Auswahlverfahren benachteiligt sehen. Der Beförderungsstopp trifft nach Abendblatt-Informationen 115 Beamte in den sogenannten Statusämtern A 8 (Polizeiobermeister) bis A 9 (Kommissar). Insgesamt sind bereits 180 anwaltlich formulierte Widersprüche bei der Polizei eingegangen.

Es ist schon das zweite Mal innerhalb weniger Jahre, dass das sogenannte Laufbahnverlaufsmodell (LVM) der Polizei auf massive Kritik aus den eigenen Reihen trifft. Erst 2010 musste ein neues Beförderungsmodell eingeführt werden, nachdem das vorherige für verfassungswidrig erklärt worden war. Nun droht erneut ein Rechtsstreit: Findet die Polizeiführung keine Lösung, könnten die Widersprüche als Klagen vor das Verwaltungsgericht kommen.

Das Beförderungssystem basiert vereinfacht auf zwei Kriterien: auf der Verweilzeit auf einem bestimmten Posten und auf der Bewertung durch einen direkten Vorgesetzten. Fünf Bewertungsstufen gibt es, ähnlich Schulnoten, die für eine Beförderung ausschlaggebend sind. A bedeutet sehr gut, E nicht so gut. Außerdem ist festgelegt, wie viele Beamte welche Note erhalten dürfen: fünf Prozent die Note A, 20 Prozent B, immerhin 50 Prozent C. Die schlechteren Beurteilungen mit D und E verteilen sich auf die restlichen 25 Prozent.

+++ Fehlende Perspektiven +++

+++ Hamburger Polizei fahndet nach Nachwuchs +++

Diese Einzelnoten dürfen nicht noch einmal unterteilt werden. Genau dies sei aber geschehen, um die Zahl der Beförderungen niedrig zu halten, heißt es aus der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Warum ein Kollege befördert werde und ein anderer mit der gleichen Note nicht, sei bei sonst gleichen Voraussetzungen völlig undurchsichtig. Dies sei der Grund für die große Zahl an Widersprüchen. Insbesondere viele Beamte mit der zweitbesten Beurteilung B, deren Beförderung in den Vorjahren in der Regel nicht infrage gestellt wurde, fühlen sich nun zurückgesetzt.

Hinter diesem Vorgehen der Polizei stehen offensichtlich Etatzwänge. Wie das Zentrale Personalmanagement (ZP) der Polizei erst im Januar bekannt gab, stehen für das laufende Jahr nur knapp 3,8 Millionen Euro für Beförderungen bereit - deutlich weniger als in den Vorjahren. In den vergangenen zwei Jahren gab die Innenbehörde 10,6 Millionen Euro für Beförderungen aus, 2009 sogar 8,4 Millionen Euro, wie eine Senatsanfrage des CDU-Abgeordneten Ralf Niedmers aufzeigt.

"Die aktuelle Situation ist eine Katastrophe für die Motivation der Kollegen", sagt Uwe Koßel, Chef der GdP in Hamburg. "Niemand weiß mehr, wie es weitergeht. Nach den Kürzungsorgien der Vergangenheit ist das Vertrauen in sicher geglaubte berufliche Perspektiven dahin. Es gibt keine Planbarkeit mehr in diesem Beruf." Die Polizeiführung müsse ein LVM auf den Weg bringen, "dass die Kolleginnen und Kollegen motiviert und das Vertrauen zu ihrem Dienstherrn wiederherstellt".

Die Polizeiführung sieht kein Problem, bestätigt die Zahlen nicht. "Das aktuelle Modell entspricht den rechtlichen Vorgaben", sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. Anpassungen seien nur in geringem Ausmaß erforderlich.