Das Beförderungsmodell der Polizei stößt auf Widerstand. Ein Zivilfahnder erklärt, warum er Beschwerde gegen seinen Dienstherrn einlegt hat

Hamburg. Seit 28 Jahren ist Klaus Behring (Name geändert) Polizist in Hamburg. Den Beruf, sagt der 48-Jährige, liebt er nach all der Zeit immer noch. Behring hat die Berufswahl nie bereut. Im Gegenteil: "Ich bin Schutzmann mit Leib und Seele." Was vor allem daran liege, so Behring, dass die Bedeutung dieses etwas altertümlichen Wortes - Schutzmann - für ihn nie seine Gültigkeit verloren habe. Doch was seine Zukunft angeht, ist sich Behring seiner Sache inzwischen nicht mehr so sicher. Behring: "Inzwischen weiß ich nicht mehr, wie die Zukunft aussieht. Die Perspektive fehlt ganz einfach." Mit dem Schutz, den er sich als Beamter von der Hansestadt Hamburg erhofft habe, sei es nicht mehr weit her.

Behring ist einer von knapp 180 Polizisten, die in diesem Jahr gegen das Laufbahnverlaufsmodell (LVM) Beschwerde eingelegt haben. "Ich bin eigentlich überhaupt kein Querulant", sagt er, "aber ich verliere im Moment 200 Euro pro Monat, weil ich entgegen anders lautender Ankündigungen und überdurchschnittlicher Beurteilungen wieder nicht befördert wurde".

Der 48-Jährige ist seit vielen Jahren Kommissar. Seinen Dienst verrichtet er als Zivilfahnder auf einem der größten Kommissariate. Seit Jahren, so sagt er, liegt er im sogenannten "Leistungsträger-Feststellungsverfahren" mit seinen Beurteilungen klar über dem Durchschnitt. Behring: "In diesem Jahr habe ich ein B, also die zweitbeste Beurteilung erhalten. Das B berechtigt mich eigentlich zur Beförderung zum Oberkommissar. Doch die Behörde schiebt dem einen Riegel vor."

Bereits in zwei vorangegangenen Beförderungsrunden ist er nicht berücksichtigt worden, weil andere Kollegen aufgrund sozialer Härten oder längerer Wartezeiten mit dem Aufstieg an der Reihe waren. "Dafür hatte ich Verständnis", sagt Behring. "Aber sämtliche Vorgesetzten haben mir signalisiert, dass ich in dieser Runde dran bin. Ich fühle mich übergangen." Der Aufstieg zum Oberkommissar würde ihm netto 200 Euro mehr pro Monat einbringen. Derzeit kommt der verheiratete zweifache Vater auf einen Nettoverdienst von etwa 3000 Euro, was vor allem an den vielen Schichtzulagen liege, die er als Zivilfahnder bekomme.

Zum ersten Mal, so schildert Behring, habe er nach der Bekanntgabe der Nicht-Beförderung, eine Beschwerde an seinen Arbeitgeber geschrieben. "Ich habe einen Dreizeiler an die Personalstelle gegeben und mich bei der Gewerkschaft GdP um Rechtsschutz bemüht." Klagen wolle er eigentlich nicht, sagt Behring. "Immerhin ist die Behörde mein Arbeitgeber." Behring treibt vor allem die Angst um, auch bei zukünftigen Beförderungsrunden leer auszugehen: "Ich habe, wenn alles gut geht, noch zwölf Dienstjahre vor mir. Und ich möchte nicht als 'einfacher' Kommissar aus dem Dienst scheiden." Bitter sei vor allem, dass seine jahrelangen überdurchschnittlichen Leistungen nicht honoriert würden. "Ich bin der lebende Beweis dafür, dass das reformierte Beförderungsmodell nicht fair ist." Eigentlich sollte das 2008 eingeführte und 2010 modifizierte Laufbahnverlaufsmodell Beförderungen transparenter und berechenbarer machen: Die erste Version setzte ausschließlich auf die Verweildauer und das Dienstalter eines Beamten, bis das Oberverwaltungsgericht einem klagenden Beamten recht gab. Laut Artikel 33 des Grundgesetzes hätten Beförderungen ausschließlich nach "Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung" zu erfolgen. Die Verweildauer sei kein Kriterium. Seit 2010 bestimmt das modifizierte Verlaufsmodell den Werdegang eines Polizisten in Hamburg. Doch auch dieses Modell ist jetzt in die Kritik geraten, da die Bewertungsmaßstäbe undurchsichtig seien, wie Kritiker bemängeln.

Der Grund: Nach den Vorgaben des Beförderungsmodells dürfen die Beurteilungen von A bis E nicht weiter unterdifferenziert werden. Das heißt: Es gibt kein B plus oder B minus, erklärt Uwe Koßel, Chef der Gewerkschaft der Polizei, GdP. Doch genau dort liege das Problem: Denn um die in diesem Jahr gesunkene Zahl an Beförderungen umzusetzen, sei durchaus eine Differenzierung vorgenommen worden, heißt es aus der GdP. Wie aber differenziert wurde, dazu gebe es keine Informationen.

Wie sich das Gehalt eines Polizeibeamten zusammensetzt, ist kompliziert. Ausschlaggebend sind die Besoldungsgruppen und Zuschläge: Von den rund 9900 Hamburger Polizisten sind 459 Polizeimeister mit der Besoldungsgruppe A 7, 863 Beamte gehören der Besoldungsgruppe A 8 (Polizeiobermeister) an. Zum Statussamt A 9 zählen 1544 Mitarbeiter, Dienstgrad Kommissar.

Ein Rechenbeispiel: Ein Polizeimeisteranwärter im ersten Ausbildungsjahr verdient 1076 Euro brutto, wenn er verheiratet ist. Allerdings muss er keine Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Zudem erhält er für jedes Kind jährlich eine Sonderzahlung von 300 Euro brutto und nach einem Jahr monatlich eine Polizeizulage von 63,69 Euro, später doppelt so viel. Dazu kommen Schichtdienstzulagen. Nach der Ausbildung würde er mit Polizeizulagen 1837 Euro netto verdienen. Weitere Zulagen nicht eingerechnet.