Ein Jahr nach Fukushima stockt die Energiewende. Aber Lösungen sind möglich

Vor einem Jahr hat das gewaltige Erdbeben mit anschließendem Tsunami Japan heimgesucht und die ganze Welt erschüttert. Die dadurch verursachte Reaktorkatastrophe von Fukushima hat vielerorts Nachdenklichkeit ausgelöst. In Deutschland verstärkte sie die Angst vor allem, was mit Kernphysik zu tun hat, bis zur Hysterie und zwang die Bundeskanzlerin zur Rolle rückwärts in ihrer bisherigen Energiepolitik. "Fukushima hat meine Einstellung verändert", bekannte Angela Merkel im Bundestag und versuchte, sich an die Spitze der Ausstiegsbewegung zu setzen.

Doch dann kam das, was oft den großen Beschlüssen folgt: das tückenreiche gesetzgeberische Kleinklein bei der Umsetzung eines Vorhabens, Kompetenzgerangel zwischen Ministerien, Widerstände bei der Energiewirtschaft - aber auch bei Umweltbewegten, weil neue Trassen gebaut werden müssen oder die Lücke, die stillgelegte Kernkraftwerke hinterlassen, kurzfristig nur mit Kohlestrom geschlossen werden kann und weil zudem lieb gewordene Subventionen auf den Prüfstand kommen.

Vom Ausstiegsbeschluss abgesehen sind wir in der energiepolitischen Debatte so nicht viel weiter als vor einem Jahr. Die Energiekonzerne wollen - was in der Natur von Wirtschaftsunternehmen liegt - an Pfründen retten, was noch zu retten ist. Und die Ökobranche versucht, die Leistungsfähigkeit von Windkraft und Fotovoltaik schönzurechnen, indem etwa stets die installierte Leistung angeführt wird, die aber leider weit von der tatsächlich ins Netz eingespeisten entfernt ist.

Unabhängig davon steht eines fest: Alle fossilen Energieträger oder auch die Uranvorkommen der Erde sind endlich. Über kurz oder lang wird für sie Ersatz gefunden werden müssen, ganz gleich, ob man jetzt mit Kohle oder Gas noch tolle Profite erzielt oder mit quasi religiöser Inbrunst Solaranlagen verteidigt, deren Wirkungsgrad unterhalb derer von Dampfmaschinen liegt. Dabei helfen aber nicht das permanente Mahnen vor dem nächsten GAU, der mittlerweile unerschütterlich gewordene Glaube an die menschengemachte Klimakatastrophe oder andere Weltuntergangsszenarien und auch nicht der selbst auferlegte Zwang, auch schon für künftige Generationen alles regeln zu müssen. Hilfreich wäre eher etwas mehr Optimismus, gespeist aus der Erkenntnis, dass der Menschheit schon unzählige grandiose Erfindungen geglückt sind und dass für beinahe alle Probleme auch Lösungen gefunden werden können. Vorausgesetzt, Vernunft, Pragmatismus und Risikobereitschaft siegen über Dogmatismus, Partikularinteressen und Profitgier. Schwierig, aber nicht unmöglich.

Und über die seit einem Jahr mit neuer Schärfe geführte Energiedebatte ist bei uns beinahe in Vergessenheit geraten, dass durch das Beben und den Tsunami in Japan mehr als 15 800 Menschen ihr Leben verloren haben. Noch immer werden mehr als 3000 vermisst. 115 000 Gebäude wurden vollkommen zerstört. Mehr als 341 000 Menschen mussten infolge der Katastrophe ihre Heimat verlassen. Durch die Nuklearkatastrophe direkt starb niemand.

Auch das sollte uns daran gemahnen, dass wir nicht alleiniger Herr des Verfahrens sind, wenn es um die Existenz auf diesem Planeten geht; dass es im Guten wie im Schlechten eine Kraft gibt, die größer ist als menschliches Tun und der wir gegebenenfalls ziemlich machtlos gegenüberstehen. Hybris steckt nicht nur in dem Glauben, die Natur vollständig beherrschen zu können, sondern auch in der Annahme, wir könnten sie mal so eben vollständig ruinieren. Wir werden auch nie so wirtschaften können, dass die Existenz von Milliarden Menschen ohne gravierende Folgen für die Umwelt bliebe - egal welche Form der Energieversorgung sich einmal durchsetzen wird.