Aber 6,5 Prozent mehr für alle sind ein Problem

Wir vertrauen ihnen das höchste Gut der Gesellschaft an und bezahlen ihnen weniger, als eine Familie an Sozialhilfe bekommt. Wir erwarten pädagogische Höchstleistungen und verweigern die entsprechende Wertschätzung. Bei wenig Berufen ist die Diskrepanz zwischen Einkommen und Erwartungen so ausgeprägt wie bei Erziehern. Sie rangieren auf der gesellschaftlichen Anerkennungsskala weit oben; in etwa auf dem Niveau von Krankenschwestern und Altenpflegern. Jeder weiß, dass es ohne sie nicht geht. Aber sie vernünftig bezahlen - das will dann doch keiner.

6,5 Prozent fordert die Gewerkschaft Ver.di im aktuellen Tarifkonflikt mit den öffentlichen Arbeitgebern, mindestens aber 200 Euro. Viel Geld für klamme Städte oder Länder, für die spätestens vom Jahr 2020 an die Schuldenbremse gilt. Viel Geld für Mitarbeiter, die anders als privat Beschäftigte eben nicht ständig um ihren Arbeitsplatz und dessen Sicherheit zittern müssen.

6,5 Prozent Gehaltserhöhung für jeden Beschäftigten - das genau ist aber auch das Problem. Egal ob Erzieher oder Müllwerker, Mitarbeiter eines Bezirksamtes oder (außerhalb Hamburgs) einer städtischen Klinik; egal ob engagiert bis zur Aufopferung oder desinteressiert bis zur Arbeitsverweigerung - jeder würde gleichermaßen profitieren, wenn sich die Gewerkschaft mit ihrer 6,5-Prozent-Forderung durchsetzt. Das mag zwar rechtens sein, aber eben nicht gerecht. Und es ist kaum finanzierbar.

Die Solidarität unter den öffentlich Beschäftigten ist dennoch groß. Und so waren es gestern in Hamburg wieder einmal die Erzieher, die im Tarifkonflikt auffielen, die ihre Kitas abschlossen, um zu streiken und zu demonstrieren. Es waren wieder einmal, zum vierten Mal in fünf Jahren, die Eltern, auf deren "Rücken" der Arbeitskampf eingeläutet wurde. Häufig beide berufstätig sind sie angewiesen auf eine funktionierende Betreuung ihrer Jungen und Mädchen. Doch auch sie dürften Verständnis für den Streik haben. Schließlich verdienen es die Betreuer ihrer Kinder, vernünftig bezahlt zu werden.