Zahl der Verstöße offenbar seit 2008 verdoppelt. Kontrollen werden ausgeweitet

Hamburg. Die Verkehrsmoral in Hamburg wird immer schlechter. Das geht aus dem neuen Jahres-Verkehrsbericht hervor, den die Polizei Ende dieses Monats vorstellen wird. Danach ist die Zahl der ertappten Rotlichtsünder ebenso wie die der Unfälle, die durch Ampelverstöße erst verursacht wurden, im vergangenen Jahr kräftig gestiegen.

Das erschreckende Ergebnis: Immer mehr Auto- und Zweiradfahrer ignorieren rote Ampeln. Das belegte gestern auch eine stadtweite Großkontrolle der Polizei gegen Rotlichtsünder. Im Visier: 17 verkehrsreiche Hamburger Kreuzungen. Dort ignorierten allein zwischen 7 und 20 Uhr rund 270 Autofahrer und mehrere Dutzend Radfahrer das Rotlicht.

2010 ereigneten sich 680 zum Teil schwerste Unfälle auf Hamburgs Straßen durch Rotlichtverstöße. 310 Personen erlitten dabei Verletzungen, zwei Menschen kamen ums Leben. "Die Zahlen sind noch nicht komplett, aber sie werden voraussichtlich in allen Bereichen steigen", heißt es aus der Verkehrsdirektion. Noch im Jahr 2010 hatte die Polizei insgesamt 15 348 Rotlichtverstöße geahndet. Die Tendenz weist in Richtung 20 000er-Marke. Besonders besorgniserregend: Die Gefahr, bei einem Rotlichtunfall schwere Verletzungen zu erleiden, ist überdurchschnittlich hoch.

Hartwig Goldenbaum, Vorstand für Technik und Verkehr beim ADAC Hansa, bestätigt: "Bei jedem zweiten Rotlichtunfall ist mit einem Schwerverletzten oder Getöteten zu rechnen. Bei anderen Unfällen mit modernen Autos ist dies nur in jedem achten Fall so." Viele Autofahrer seien sich dieser Gefahr gar nicht bewusst.

Im Rahmen der gestrigen Kontrolle stoppte die Polizei außer Auto- und Motorradfahrern auch zahlreiche Fahrradfahrer, die Ampelzeichen nicht beachteten. "Auch hier werten viele Verkehrsteilnehmer die rote Ampel offenbar eher als Empfehlung denn als Verbot", sagt eine Polizeisprecherin. "Dabei ist das Überfahren einer Ampel bei Rotlicht kein Kavaliersdelikt."

Autofahrer, die das Ampelrot missachten, müssen - auch wenn sie andere nicht gefährden - mit drei Strafpunkten in der Verkehrssünderkartei und 90 Euro Geldbuße rechnen.

Werden Menschen durch den Verstoß gefährdet, kann sogar bis zu einem Monat Fahrverbot ausgesprochen werden, plus 320 Euro Bußgeld, auch wenn es dabei nicht zu einem Zusammenstoß gekommen ist.

Der ADAC hat ebenfalls unlängst das Verhalten der Hamburger Verkehrsteilnehmer an großen Ampelkreuzungen getestet. Laut Sprecher Matthias Schmitting kamen dabei alarmierende Ergebnisse heraus. Schmitting: "Waren es in einem ersten Test 2008 an fünf Ampeln, die wir jeweils über 24 Stunden ausgewertet haben, noch 500 Fahrer, die Ampeln bei Rot überquert haben, waren es in diesem Jahr an vier Ampeln sogar 1024 Rotsünder." 2008 hätten rund 150 der vom ADAC beobachteten Fahrer ihren Führerschein für einen Monat abgeben müssen. Diesmal seien es schon 734 gewesen.

Daraus lasse sich schließen, dass nicht nur rote Ampeln ignoriert werden, sondern viele Fahrer auch deutlich später noch bei Rot die Kreuzung passieren. Die Hamburger Polizei kündigte deshalb an, die Schwerpunktkontrollen auszuweiten.