SPD Mitte will Schreiber-Nachfolger per Ausschreibung finden. Der neue Amtsleiter soll im April gewählt werden

Altstadt. Die SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Mitte will die vakante Stelle des Bezirksamtsleiters bundesweit öffentlich ausschreiben lassen. Das bestätigte Fraktionschef Falko Droßmann auf Abendblatt-Anfrage: "Wir sind uns der Verantwortung für diesen Bezirk bewusst und haben uns nun für dieses Prozedere entschieden." Ziel sei es, so schnell wie möglich einen neuen Bezirksamtsleiter zu finden und diese wichtige Position zu besetzen. Es könne nicht sein, dass das Bezirksamt jetzt monatelang ohne Kopf sei, so Droßmann weiter.

Die Wahl des Bezirksamtsleiters durch die Bezirksversammlung soll bereits im April erfolgen. Die Vorauswahl aus den Bewerbungen sollen Vertreter aus der Verwaltung und der Bezirkspolitik in einem Gremium treffen. Die 25-köpfige SPD-Fraktion hatte gestern Abend einen entsprechenden Antrag beschlossen, in dem das Ausschreibungsverfahren geregelt wird. Der Antrag wird heute in die Bezirksversammlung Mitte eingebracht. Es gilt als sicher, dass der Antrag eine Mehrheit erhält, denn sämtliche anderen Fraktionen in der Bezirksversammlung hatten sich immer wieder für eine öffentliche Ausschreibung ausgesprochen. Auch GAL-Fraktionschef Michael Osterburg: "Der Vorteil ist, dass bei einer Ausschreibung in erster Linie die berufliche Qualifikation und nicht das Parteibuch zählt."

Die Position des Bezirksamtsleiters muss neu besetzt werden. Denn Markus Schreiber war am 10. Februar von seinem Amt zurückgetreten. Es hatte zuvor scharfe Kritik an Schreiber gegeben, nachdem die elfjährige Chantal in einer Wilhelmsburger Pflegefamilie an einer Methadonvergiftung gestorben war.

Bislang wurde für die Nachfolge Markus Schreibers häufig der Name des SPD-Stadtentwicklungsexperten Andy Grote genannt.

Die SPD-Bezirksfraktion hätte ihn direkt für den Posten nominieren und durch die Bezirksversammlung mit einfacher Mehrheit wählen lassen können. Allerdings wäre die SPD dabei auf die Unterstützung einer anderen Partei angewiesen gewesen, da die SPD nur 25 der 51 Plätze in der Bezirksversammlung innehat.

Jetzt müsste sich Andy Grote zunächst an der öffentlichen Ausschreibung beteiligen. Aber ob er das tut, ließ Grote auf Abendblatt-Anfrage offen: "Ich äußere mich dazu nicht."

Immer wieder wird für das Amt des Bezirksamtsleiters auch SPD-Fraktionschef Falko Droßmann ins Gespräch gebracht. Der Historiker und Stabsoffizier bei der Luftwaffe gilt für viele Parteifreunde ebenfalls als geeigneter Kandidat. Wird Droßmann sich bewerben? Auch der 38-Jährige hält sich bedeckt: "Das ist derzeit nicht in der Diskussion. Wir werden nun erst einmal dafür sorgen, dass wir zügig mit der öffentlichen Ausschreibung vorankommen."

Auch wenn die Position des Bezirksamtsleiters jetzt bundesweit öffentlich ausgeschrieben wird, unter anderem in überregionalen Tageszeitungen, haben die Parteien natürlich Einfluss auf die Auswahl. Das Gremium aus Politik und Verwaltung trifft eine Vorauswahl, wobei es vor allen Dingen um die Erfüllungen der Zugangsqualifikationen für das Jobprofil geht, und ermittelt dann die potenziellen Kandidaten. Die eigentliche Wahl des Bezirksamtsleiters erfolgt aber durch die Bezirksversammlung. In dem Ausschreibungstext, der in dem SPD-Antrag enthalten ist, ist zum Beispiel zu lesen, dass umfangreiche Erfahrungen in der Leitung von Betriebs- oder Verwaltungseinheiten wünschenswert sind. Außerdem ist ein Hochschulabschluss erforderlich.

Der neue Bezirksamtsleiter in Mitte wird die Verantwortung für rund 1700 Mitarbeiter tragen. In dem Bezirk leben etwa 280 000 Einwohner, und es gehören soziale Brennpunkte wie Billstedt oder auch St. Pauli mit dem Rotlichtmilieu dazu, aber auch der Innenstadtbereich, die HafenCity und die Insel Neuwerk in der Elbmündung.