Eine Glosse von Nico Binde

Ordnung ist das halbe Leben. Wer wüsste das besser als die Zentralstelle Wildplakatierung im Bezirksamt Nord. Schon im September 2008 wiesen die Hüter des unbefleckten Laternenpfahls die Naturschutzgruppe Robin Wood darauf hin, dass zehn mal sieben Zentimeter große Klebezettel ein "ungenehmigtes Nutzen öffentlicher Wegefläche durch mindestens einen angefangenen Quadratmeter" darstelle.

Zwar wussten die Aktivisten von nichts, sollten aber ein Jahr zuvor mit Demo-Aufruf und Internetinfo an Laternen und Ampeln gegen das Kohlekraftwerk Moorburg mobil gemacht haben. Und weil ein Internethinweis und ein "aufmerksamer Bürger" bekanntermaßen reichen, um die Schuldfrage hinreichend zu klären, müsste das Bezirksamt den Naturschützern 75 Cent pro angefangenem Quadratmeter in Rechnung stellen - nebst einer Gebühr von 100 Euro für die unerlaubte Sondernutzung.

Doch die vermeintlichen Laternenschänder legten Widerspruch ein. Und schon viereinhalb Jahre nach der Tat, am 16. Januar 2012, erreichte sie der abschlägige Bescheid. Nunmehr in Höhe von 120 Euro. Wie schön.

Mal davon abgesehen, dass das Eilverfahren im Amt anscheinend höchste Priorität genoss, klingt es wie die Geschichte von Robin Wood, den Sherrifs vom Nord(ingham) und dem Bezirksforest, in dem derjenige zur Rechenschaft gezogen wird, dessen Name auf dem Plakat steht. Schlechte Zeiten also für doppelverdienende Medizinerpärchen auf Wohnungssuche, selbstständige Querflötenlehrer und die Sankt-Pauli-Ultras. Denn wenn diese Geschichte eines lehrt, dann wohl, dass die Soko "Wildplakatierung" im Bezirk Nord kein Erbarmen bei stichhaltig bewiesener, sondernutzungspflichtiger Zettelwirtschaft kennt. Es gilt eben auch an Laternen: Ordnung muss sein.