Versprechen: Der Senat will Hamburg wieder ordentlich regieren.


Sachstand: Kein Versprechen von Olaf Scholz ist so umfassend, aber auch so unkonkret. Wenn mit dem Begriff Berechenbarkeit und Verlässlichkeit gemeint ist, hat der SPD-Senat im ersten Amtsjahr ordentlich regiert. Ordentliches Regieren schließt nicht nur das saubere Abarbeiten selbst gestellter Aufgaben ein, sondern bemisst sich gerade auch an der Fähigkeit, auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Mit anderen Worten: Wer ordentlich regieren will, braucht ein funktionierendes Krisenmanagement.

Der größte Krisenfall für den Senat war und ist der Tod der elfjährigen Chantal vor vier Wochen. Scholz und Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) haben die Aufklärung der skandalösen Hintergründe vorangetrieben und den Druck auf den zuständigen Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) erhöht, Konsequenzen zu ziehen. Als Scholz zu der Überzeugung gelangt war, dass Schreiber selbst nicht mehr zu halten war, hat er den Bezirksamtsleiter zum Rücktritt gedrängt. Dabei hat Scholz Führungsstärke bewiesen, weil er einen parteiinternen Konflikt mit den Mitte-Genossen in Kauf genommen hat. Die Diskussion ist mit dem Rücktritt Schreibers für den Senat allerdings noch nicht ausgestanden.

Die zentrale Unterbringung von inzwischen drei ehemaligen Sicherungsverwahrten in Jenfeld ist insgesamt kein Ruhmesblatt für den Senat. Angesichts der Proteste von Anwohnern war das weniger ordentliches Regieren als vielmehr Durchregieren.

Zum ordentlichen Regieren gehört auch ein faires und gleichberechtigtes Nebeneinander mit den norddeutschen Nachbarn. Vor allem im Verhältnis zu Schleswig-Holstein erwecken Scholz und sein Senat bisher nicht den Eindruck, als ginge es ihnen wirklich um Partnerschaft. Dagegen spielt der Bürgermeister in Berlin und Brüssel seine bundespolitische Erfahrung aus und nutzt sein Netzwerk wie etwa beim Thema HSH Nordbank.

Prognose: Olaf Scholz wird auch künftig als Garant von Verlässlichkeit auftreten und als Krisenmanager handeln können, wenn die SPD ihn lässt. Derzeit spricht wenig dagegen.