Es geht um Erkrankungen, bei denen der Körper eigenes Gewebe angreift. Dr. Ivan Foeldvari erklärt Zusammenhänge und Therapien

Der Kinder- und Jugendrheumatologe Dr. Ivan Foeldvari, 50, berichtet über Augenerkrankungen bei Kindern, die zusammen mit Rheuma auftreten.

Hamburger Abendblatt:

Viele Kinder mit einer Augenerkrankung leiden auch unter Rheuma. Wie hängt dies zusammen?

Dr. Ivan Foeldvari:

Beide sind Autoimmunerkrankungen: Eine Überreaktion des Immunsystems ist für sie verantwortlich - ähnlich wie bei einer Allergie oder Heuschnupfen, mit dem Unterschied, dass dabei körpereigenes Gewebe angegriffen wird. Zudem ähneln sich die Proteinstrukturen in Augen und Gelenk, sodass beide für ähnliche Antikörper angreifbar sind. Sowohl Rheuma, eine chronische Entzündung der Gelenke, als auch einige Augenerkrankungen sind Entzündungen, deren Ursache eine solche Autoimmunreaktion ist.

Welche Augenerkrankungen treten bei Rheuma im Kindesalter auf?

Foeldvari:

Etwa zehn Prozent der Kinder, die unter Kinderrheuma (juvenile idiopathische Arthritis, JIA) leiden, haben gleichzeitig eine "weiße" (ohne Rötung und Schmerzen verlaufende) Regenbogenhautentzündung (Uveitis). Diese tritt meist bei Kindern auf, die zwei bis fünf Jahre alt sind. Es sind häufig beide Augen betroffen. Tückisch ist, dass sie meist erst später auffällt, da keine offensichtlichen Anzeichen auf sie hindeuten. Kinder mit Rheuma sollten deshalb zur Screening-Untersuchung regelmäßig dem Augenarzt vorgestellt werden. Bei einer seltenere Form des Rheumas (Sehnenbeschwerden), geht die Erkrankung mit einer schmerzhaften Uveitis einher, bei der auch eine Rötung des Auges auftritt. Bei dieser Form des Rheumas, die gehäuft bei Jungen auftritt und Schmerzen z. B. in der Achillessehne verursacht, erkrankt das Kind nicht selten an Skleritis. Ähnlich der Uveitis handelt es sich um eine Entzündung des Auges, die jedoch die Sklera bzw. Lederhaut, die Hülle des Augapfels, betrifft.

Welche Anzeichen deuten auf eine Uveitis hin?

Foeldvari:

Eltern können auf Signale achten, z. B. eine erhöhte Lichtempfindlichkeit des Kindes. Bei länger anhaltenden Entzündungen kann auch eine Entrundung der Pupille auffallen. Selten treten eine Rötung, Schmerzen oder ein Fremdkörpergefühl auf, die mit Tränenfluss einhergehen. Manche Kinder berichten von "Schattenreitern", von schwarzen Schleiern oder Punkten im Sichtfeld

Wie wird die Diagnose gestellt?

Foeldvari:

Die Untersuchung führt der Augenarzt mit einer Spaltlampe durch und liefert so die Gewissheit, ob und von welcher Form der Uveitis das Kind betroffen ist. Es gibt drei Formen: So können der vordere, mittlere und hintere Teil der Augen entzündet sein. Bei schweren Verläufen muss die Therapie eingeleitet werden.

Wie sieht diese Therapie aus?

Foeldvari:

Zunächst behandeln wir die Entzündung lokal: mit steroidhaltigen Augentropfen. Kommt die Uveitis nicht innerhalb von drei Monaten zur Ruhe, ist eine langfristige Behandlung sinnvoll, die das Immunsystem beeinflusst. Am häufigsten wird Methotrexat angewandt, ein kortisonfreies entzündungshemmendes Medikament. Spricht der Patient nicht an, wird oft versucht, mit einem "Biological" die Überreaktion des Immunsystems effektiver zu bremsen. Bei sehr schweren Verläufen kann auch vorübergehend die Verabreichung von Kortisontabletten oder kortisonhaltigen Injektionen erforderlich sein, damit die Sehfunktion nicht langfristig abnimmt. Dass alternative Methoden wirken, wie Klimakuren am Toten Meer, ist wissenschaftlich nicht belegt.

Wie groß sind die Chancen, dass die Erkrankung vollständig geheilt wird?

Foeldvari:

Leidet das Kind unter Rheuma mit Sehnenansatzentzündung, erwartet man, dass die Erkrankung im Laufe des Lebens in Schüben immer wieder auftritt. Bei der Uveitis, die mit Rheuma auftritt, bei dem weniger als fünf Gelenke betroffen sind (oligoartikuläre Verlauf), besteht jedoch zu 50 Prozent die Chance, dass sie bis nach der Pubertät ausheilt.