Der Eventmanager organisiert jedes Jahr 4000 Veranstaltungen und verabscheut nichts so sehr wie Zeitverschwendung: Ein Effizienzfreak.

Der rote Faden zieht sich durch die Stadt: Er verbindet Menschen, die einander schätzen, bewundern, überraschend finden. Sie entscheiden, an wen sie ihn weiterreichen: an andere, die hier arbeiten, die Besonderes fur diese Stadt leisten, die in Hamburg als Vorbilder gelten. Den Anfang machte Altbürgermeister Henning Voscherau. In der 26. Folge vor einer Woche: Der Headhunter und St.-Pauli-Vizepräsident Bernd-Georg Spies

Hans-Christoph Klaiber kommt zu spät. Aus Prinzip. Und Berechnung.

Es sind nur wenige Minuten, die er nach der verabredeten Zeit sein Restaurant Vlet in der Speicherstadt betritt. Klaiber trägt die Arbeitsuniform des modernen hanseatischen Unternehmers: dunkelblauer Anzug, Hemd ohne Krawatte, Manschettenknöpfe, zurückgekämmte Haare. Garniert mit einem offenen Lächeln zur Begrüßung. Ein gemachter Mann. Ein selbst gemachter.

"Ich komme immer etwas zu spät", sagt er, "früher habe ich oft gewartet, das mache ich nicht mehr." Jetzt lässt er seine Mitarbeiter bei ihm im Büro anrufen, das nebenan am Alten Wandrahm untergebracht ist. Oder in seiner Wohnung, die direkt über dem Vlet liegt. "Es ergibt mehr Sinn, wenn ich erst komme, wenn mein Gesprächspartner schon eingetroffen ist. Denn sollten er oder sie sich verspäten, müsste ich hier rumsitzen, statt in der Zeit etwas Sinnvolleres zu tun." Dieses Zeitmanagement ist nicht unhöflich gemeint, aber typisch für Klaiber: Im Laufe seiner Karriere ist der Geschäftsführer von Nord Event ein Effizienz-Freak geworden.

Gegründet hat er seine Firma vor zehn Jahren in Lübeck. Zwei Jahre später verlegte er das Geschäft bereits nach Hamburg. Von der Metropole des Nordens aus koordiniert, plant und führt er bis zu 4000 Unternehmensfeiern, Partys, Produkteinführungen, Pressekonferenzen und Tagungen - Events eben. Ein inflationär gebrauchter Modebegriff, schwammig, schwer fassbar.

+++ Abendblatt-Serie: Der rote Faden +++

Nicht für Klaiber, dessen Konzepte perfekt durchdacht sind. Dazu setzt er immer auf den Hamburg-Bezug, die Verbundenheit zum Norden. Denn er will gar nicht die Welt erobern, den Norden nennt der Geschäftsmann "unser Spielfeld". Anders als konkurrierende Unternehmen hat Klaiber die Veranstaltungsflächen selbst, er kann sein Penthouse Elb-Panorama anbieten, das ehemalige Hauptzollamt im Hafen, den Windjammer "Mare Frisium" und, seit Neustem, das Panoramadeck im Emporio-Hochhaus. Hoch hinaus soll es gehen. Immer.

Klaiber ist eben ein Mensch, den es antreibt, gegebene Grenzen auszudehnen, einen Schritt weiter zu gehen. So hat es der Quereinsteiger gelernt. Denn wer denkt, dass Klaiber schon immer mit der Welt der Gastronomie zu tun hatte, der irrt. Seinen heutigen Beruf hätte ihm in seiner Jugend im ländlichen Ostholstein in Bad Schwartau niemand vorhersagen können. Nach dem Abitur 1989 in der Kleinstadt folgte das Studium der Elektrotechnik in Hannover. "Nach der Schule hatte ich keinen Traum oder Berufswunsch, ich wusste nur eines ganz genau: Lehrer will ich nicht werden", so Klaiber. Mathe und Physik aber fand er spannend. Das Studium sollte für Klaiber zum Schlüssel für seine späterer Karriere werden - auch, wenn die auf den ersten Blick nichts damit zu tun hat.

Zum einen, weil er in der Naturwissenschaft lernte, effiziente Lösungswege zu finden. Zum anderen, weil seine Eltern, Handwerker, ihm kaum Geld zuschießen konnten. Klaiber musizierte daher zur Aufbesserung der studentischen Haushaltskasse. "Ich habe Klavier und Akkordeon in einer Band gespielt, und wir wurden für die Hintergrundmusik bei Veranstaltungen gebucht, oft auf Schiffen", sagt er. Stolze 150 Mark Stundenlohn nahmen die Jungs für Hits wie "New York, New York" oder "Über den Wolken". "Und irgendwann dachte ich mir dann: Warum musst du hier eigentlich den Heinz machen?", fragt Klaiber rhetorisch.

Student Klaiber fing also Mitte der 90er selbst an, Schiffe zu chartern und zu vermieten, engagierte Musiker und baute sich neben dem Studium so seine erste Selbstständigkeit auf. Auch, als er in seinem ersten Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter für medizinische Informatik an der Hochschule Lübeck arbeitete, lief sein Zweitjob weiter. Doch er zerriss sich zwischen seinen Büros im Hafen und an der Uni - und scheiterte an der Technik. Denn Gespräche weiterzuleiten, das funktionierte schlecht bis gar nicht. Handyempfang hatte er an der Uni nicht.

Und so war er immer irgendwo zu spät. Nicht gerade effizient."Eigentlich wollte ich ja promovieren, ich forschte über Daten- und Bildverarbeitungsmodule und die Reduzierung von Datenmengen", erklärt er. Denn damals war es ein Riesenproblem, auch nur ein Röntgenbild elektronisch von einer Klinik zur anderen zu schicken - und so fuhren Kuriere durch die Gegend.

Eine Lösung für sein zweigeteiltes Berufsleben fand Klaiber dann erst mit der Hilfe seiner Ehefrau Susanne. Die HNO-Ärztin fragte ihren gehetzten Ehemann schlicht, warum er nicht einfach nur das tue, was ihm mehr Spaß mache. "Heute bin ich froh, dass ich mich für mein eigenes Unternehmen und gegen die Forschung entscheiden habe", sagt Klaiber. Das Wort Event allein sei um die Jahrtausendwende herum "überhaupt nicht seriös" belegt gewesen, es "war eben ein gerade erst aufkommender Wirtschaftszweig".

Schnell wurde ihm klar, dass er den Firmensitz nach Hamburg verlegen müsse. Dorthin, wo die Geschäfte im feinen Zwirn gemacht werden.

HafenCity und Speicherstadt sind heute sein Lebensmittelpunkt, jedenfalls von Montag bis Freitag. Denn seine Frau und die beiden Töchter, die sechsjährige Luisa und die achtjährige Sophia, wohnen in Lübeck. An den Wochenenden fährt er nach Hause, dann hat die Familie Priorität. "Wenn meine Tochter eine Schulaufführung hat, dann gibt es für mich hier auch kein wichtiges Event", sagt Klaiber deutlich. Er vermisse die familiäre Nähe unter der Woche aber nicht, "wenn meine Frau hier wäre, hätte sie auch nichts von mir". Klingt hart, ist aber effizient. Keine halben Sachen. Ehefrau Susanne arbeitet außerdem auch zu gern, um ihre Gemeinschaftspraxis in Lübeck aufzugeben. Täglich 120 Kilometer zu pendeln, wurde ihm jedenfalls zu anstrengend - und uneffektiv.

"Mir macht das, was und wie ich es mache, echt Spaß", sagt Klaiber. Er verzagt nicht, sondern füllt beide Leben, geschäftlich wie privat, mit voller Kraft aus. Eines nach dem anderen.

Auch sein Unternehmen führt er freundlich-fröhlich, erzählt von behinderten Mitarbeitern als "loyalsten Kollegen" und davon, wie sehr ihm sein Bildungsprojekt, das er mit anderen Hamburger Geschäftsleuten gerade erarbeitet, am Herzen liegt. Gemeinsam wollen sie mit Veranstaltungen Geld beschaffen, das Hamburger Schulen zukommen soll. Noch für dieses Jahr ist - wie sollte es anders sein - ein Start-Event geplant.

Klaiber, der Gutmensch? "Nein." Aber die Sache sei ihm ein Anliegen, ein Herzensprojekt. Dabei ist sie effizient: Einmal ist Charity nie schlecht fürs Image. Zum anderen kann er seine aufgebauten Kontakte nutzen, neue Verbindungen kommen hinzu, die vielleicht irgendwann einmal auch beruflich von Vorteil sein könnten. So läuft es eben.

Dabei hat Klaiber, der joviale Jung-Unternehmer, der seine Ecken und Kanten oder Unsicherheiten hinter herzlichem Lachen verbirgt, früher die Öffentlichkeit systematisch gemieden. Die Firma war nicht personalisiert, es gab kein Gesicht von Nord Event. Doch Klaiber merkte, dass Menschen gern mit Menschen sprechen, dass der Kunde den Chef kennen möchte. Er entschloss sich, vermehrt aufzutreten. Mit dem karitativen Hintergrund fällt dem Analytiker Smalltalk und Netzwerken allerdings leichter, sonst "brauche er das nicht". Er sei kein Typ, der die Bussi-Bussi-Gesellschaft besonders schätze. Dennoch gehört diese Disziplin zu seinem Beruf. Genauso wie das richtige Auftreten, das äußere Erscheinungsbild. Dazu zählt er seine repräsentative Uhr, die am Handgelenk sitzt. Für ihn eher Mittel zum Zweck denn Luxusartikel. Luxus, "das ist für mich Urlaub. Und Französisch." Eine Stunde pro Woche hat er Französisch-Unterricht, ein Sprach-Geschenk, das er sich zu seinem 40. Geburtstag selbst machte. Egal, ob es nun effizient ist oder nicht, ob er es beruflich irgendwann einsetzen oder nur zur Verständigung im Urlaub benutzen kann. Es macht ihm schlicht Freude. Zu spät kommt er zu diesem allwöchentlichen Französich-Event übrigens keine Minute. Nie.

Hans-Christoph Klaiber gibt den roten Faden an Uwe Jens Neumann weiter. Neumann ist Geschäftsführer der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. "Außerdem hat er die Medieninitiative hamburg@work ins Leben gerufen, ein Hamburg umfassendes Netzwerk mit Eigendynamik", so Unternehmer Klaiber.