Kaum einer spricht noch vom Schwarzbrot. Wer heute Eindruck machen will, versucht sich an Focaccia, an Ciabatta, an der Kunst eines fluffigen Muffins. Heinrich Wulf, 72, hat sich ein feines Gespür für die vermeintlich einfachen Dinge bewahrt. Das Schwarzbrot, sagt er, so unscheinbar es auch sei - "es braucht besonders viel Aufmerksamkeit".

Wulf ist einer von wenigen Bäckern in Hamburg, die ihre Brötchen noch wirklich selbst backen. Während um ihn herum Ketten eröffnen und tiefgefrorene Teiglinge geliefert werden, weiß er noch selbst um die Geheimnisse eines geschmeidigen Teigs. Nach einem verregneten Sommer, 1000-mal hat er das zwischen den Fingern gespürt, ist das Mehl ein anderes als nach sonniger Saison. Als dritter von vier Bäckern gleichen Namens in Folge schätzt er Tradition - und hat sich nie darauf ausgeruht.

Die frühen Arbeitsjahre verbrachte er zum Teil im Ausland, das schlichte Schwarzbrot ist ihm ebenso lieb wie moderne Vielfalt. Die Leitung seiner Bäckerei hat er aber inzwischen dem Sohn übertragen und dafür einen ganz besonderen Luxus entdeckt. Mehr als 50 Jahre lang stand er stets um 3 Uhr morgens auf. Jetzt, sagt er, schlafe er manchmal gemütlich aus. Bis fünf.