Sozialbehörde meldet freie Kapazitäten, doch Obdachlosen-Magazin fordert weitere Plätze, weil immer noch Menschen auf der Straße schlafen.

Hammerbrook. Das Winternotprogramm in Hamburg läuft auf vollen Touren. Die 352 Schlafplätze sind "gut belegt", erklärte die Sozialbehörde dem Abendblatt. "Aber wir haben noch Kapazitäten", sagt Behördensprecher Oliver Klessmann.

82 Plätze stellt die Kirche auch in Containern zur Verfügung. Dazu kommen 40 Plätze im ehemaligen Alten- und Pflegeheim Rumond-Walther-Haus, das der Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein der Sozialbehörde angeboten hat. Die meisten Obdachlosen kommen an der Spaldingstraße unter. Hier stehen 230 Betten.

Das Thema hatte im vergangenen Winter für Aufregung gesorgt, nachdem zwei Obdachlose erfroren waren. In der Folge wurde Obdachlosen ein Bunker in St. Georg angeboten. Doch dieser war "weder für die Obdachlosen noch für die Mitarbeiter geeignet", wie Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) feststellte.

Die Mitarbeiter der Obdachlosen-Zeitung "Hinz & Kunzt" sind mit der Situation nicht zufrieden. "Die Lage ist in diesem Winter angespannt, es wird aber keiner abgewiesen. Aber die Bettenzahl reicht nicht aus", sagt "Hinz & Kunzt"-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Er geht von 1200 Menschen aus, die in Hamburg wohnungslos sind. Einige von ihnen würden auch jetzt noch bei der Kälte unter freiem Himmel übernachten, weil diese partout nicht in eine der Unterkünfte wollten.

Zum Erfolg des jetzigen Winternotprogramms hat die neu eröffnete Unterkunft an der Spaldingstraße beigetragen. Um die Schlafplätze im ehemaligen Bürohochhaus in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs hatte es Streit gegeben, weil die Sozialbehörde das ehemals leer stehende Gebäude für 530 000 Euro umbauen ließ - und wenig später bekannt wurde, dass die Finanzbehörde das Haus nach dem Winter abreißen will, um dann das leere Grundstück zu vermarkten.

"Mit der Eröffnung des Hauses an der Spaldingstraße ist eine deutliche Entspannung eingetreten", sagt der wohnungslose Torsten Meiners dem Abendblatt. Denn das Gebäude werde besser angenommen als der Bunker im vergangenen Jahr.

Meiners lehnt es ab, dort zu übernachten, kennt das Haus jedoch. "Vor vier Jahren habe ich an einer Aktion dort teilgenommen, bei der Manager mit uns die Kleidung tauschten, um zu zeigen, wie Kleider Leute machen." Dabei sei eine Idee entstanden. "Man könnte dort recht leicht Wohnungen für Wohnungslose einrichten, die sich selbst verwalten", sagt er.

Warum gibt es immer noch Wohnungslose, die sich weigern, das Hamburger Winternotprogramm zu nutzen? "Die meisten sagen, die Aggressionen würden sie abschrecken. Doch es gibt einen anderen Grund: In den Unterkünften erfahren die Wohnungslosen die Spiegelung der eigenen Not und fühlen sich dadurch noch bedrohter", sagt Torsten Meiners.