Für mehr Wohnungen darf auch gestritten werden

Dass derzeit heftig über die Veränderung des Stadtbildes gestritten wird, ist eine Entwicklung, die eigentlich positiv ist. Der Streit rührt daher, dass viel gebaut wird in Hamburg: in Hinterhöfen, auf Freiflächen oder auf Brachen, wo wie in Altona oder mit der HafenCity ganze Stadtteile neu entstehen.

Die Dynamik führt zu Unruhe und natürlich zu Diskussionen um die Architektur. Die Alternative aber wäre eine schrumpfende Stadt - dort gäbe es diesen Disput nicht.

Doch während viele Kommunen in der Republik tatsächlich dahinkümmern, ist es an der Elbe andersherum. In wenigen Jahren wuchs Hamburg von 1,6 Millionen auf 1,8 Millionen Einwohner, 2030 sollen es sogar 1,9 Millionen sein. Dahinter steckt eine Renaissance der Stadt. Noch bis in die 1980er-Jahre strebten viele Menschen ins Umland, bauten sich dort ihr Häuschen. Mutti blieb meist zu Hause, Papi pendelte zur Arbeit.

Doch das funktioniert nur noch bedingt. Eltern arbeiten heute meist beide und sind dabei auf kurze Wege angewiesen. Jobs wechseln häufiger. Kontakte, schneller Austausch sind wichtiger denn je. Arbeitsplatz und Kinderhort müssen dicht beieinanderliegen. Und auf nervig lange Pendlerfahrten will man verzichten und die Zeit lieber für die Familie investieren. Das alles spricht für die Stadt als Lebensmittelpunkt.

Doch diese Stadt muss gebaut werden. Und das geht nicht ohne Veränderung. Das Bekenntnis des Bürgermeisters zu eher unpopulären höheren Bauten ist daher so mutig wie richtig. Gerade in der Verdichtung steckt viel Potenzial: In München leben rund 4200 Einwohner auf einem Quadratkilometer, in Berlin 3800 - in Hamburg gerade einmal 2300.

Sicher, diese Lücken dürfen nicht mit einer selbstgefälligen Architektur geschlossen werden. Hamburg muss auf sein städtebauliches Gesicht achten. Wenn es weiterentwickelt werden soll, darf darüber nicht in Hinterzimmern beschlossen werden. Wichtig ist, dass die Diskussion ständig weitergeführt wird. Wachsamkeit bleibt erste Bürgerpflicht. Nicht aber der Reflex, gegen jede Veränderung in der Nachbarschaft zu protestieren.