Es geht um 90 Millionen Euro jährlich. Zwölf Beamte streben eine Musterklage an. Der DGB will eine Entscheidung vom Verwaltungsgericht.

St. Georg. Die Kürzung des Weihnachtsgeldes für Hamburgs Beamte hat ein juristisches Nachspiel. Der Hamburger Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Uwe Grund, will gegen die von der Bürgerschaft im vergangenen Jahr beschlossene Deckelung des Weihnachtsgeldes vor Gericht ziehen. Ursprünglich erhielten Beamte in der Hansestadt 60 Prozent eines Monatsgehalts, jetzt bekommen sie einen Pauschalbetrag von 1000 Euro, pro Kind gibt es weitere 300 Euro.

Norbert Soltau, 53, hat keine Kinder. "Ich bekomme durch die neue Regelung 1500 Euro weniger", sagt der Oberkommissar. Er ist einer der insgesamt zwölf Klagewilligen, die eine Musterklage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Karlsruhe anstreben. Vor gut 20 Jahren ist Soltau in den Polizeidienst eingetreten. Neben dem "hehren Ziel, Freund und Helfer" zu sein, lockten auch die sichere Arbeitsstelle und Versprechungen wie Urlaubsgeld, Essenszuschüsse, die Übernahme von Krankheitskosten durch die Freie Heilsfürsorge und ein 13. Monatsgehalt. "Nichts davon gilt mehr", sagt Soltau. "Obwohl die Forderungen an uns, risikobereit zu sein und im Schichtdienst zu arbeiten, nach wie vor bestehen."

Unter den Klagewilligen sind Polizisten, Lehrer, Verwaltungsangestellte, hohe Beamte und Ruheständler. Sie legen zunächst gegen die Besoldungsmitteilungen vom Dezember 2011 Widerspruch ein. Darüber entscheidet dann das Personalamt mit einem Widerspruchsbescheid. "Dagegen werden wir beim Verwaltungsgericht Hamburg Klage erheben", sagt der vom DGB beauftragte Anwalt Jan-Ontjes Güldenzoph. Gibt es den Klägern recht, wird das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverwaltungsgericht in Karlsruhe vorgelegt. Das solle auch klären, ob wegen der fortwährenden Kürzungen im öffentlichen Dienst eine "amtsangemessene Alimentation" überhaupt noch gegeben sei, so Güldenzoph.

+++ DGB geht gegen Kürzung des Weihnachtsgeldes vor +++

Er rechnet damit, dass das Verfahren bis zu vier Jahre dauern kann. Ist es erfolgreich, wird es auf alle Hamburger Beamten umgesetzt. Das würde teuer werden. "Hamburg muss dann für seine Beamten im Jahr bis zu 90 Millionen Euro mehr ausgeben", schätzt Rudolf Klüver vom Hamburger Beamtenbund.

"Man darf aber nicht vergessen, dass auf unsere Kosten in den vergangenen Jahren Einsparungen in Höhe von 350 Millionen Euro gemacht wurden", sagt Lothar Fränzke, der ebenfalls zu den Klagewilligen gehört. Der stellvertretende Personalratsvorsitzende beim Bezirksamt Harburg muss künftig ebenfalls auf 1500 Euro Weihnachtsgeld verzichten. "Meine Kollegen und ich sind demotiviert", sagt er. Jahrelang habe man die "ewigen Kürzungsarien" ertragen müssen. "Sollen wir jetzt erneut bluten, um die Elbphilharmonie zu finanzieren?", fragt Fränzke sarkastisch. Wie auch Norbert Soltau wird er künftig beim Urlaub kräftig sparen müssen, um die Raten für sein Haus abzahlen zu können.

DGB-Hamburg-Chef Uwe Grund hat bis März 2011 rund 20 Jahre für die SPD in der Bürgerschaft gesessen. Ein schlechtes Gewissen, jetzt gegen die Politik seines Parteifreundes Olaf Scholz vorzugehen, hat er nicht. Zwar habe der rote Senat die von seinem Vorgänger beschlossenen Kürzungen auf 90 Millionen Euro halbiert - "trotzdem greift er den Menschen tief in die Tasche. Das ist staatlich organisierter Lohnklau", so Grund. "Das können wir nicht hinnehmen. Deshalb werden wir nach dem politischen Protest jetzt den Rechtsweg gehen." Das Gerichtsverfahren sei mit dem Senat abgesprochen. "Inhaltlich ist der Streit unverändert", sagt Grund, "nur die Streitkultur ist neu."

Während die Abgeordneten der Bürgerschaft die drastischen Kürzungen beim Weihnachtsgeld der Hamburger Beamten beschlossen hätten, scheuten sie sich nicht, ihre eigenen Bezüge immer wieder deutlich zu erhöhen, sagte Beamtenbund-Chef Rudolf Klüver gestern. Durch Zuschläge bei Fraktionsgeldern und Diäten bekämen die Bürgerschaftsabgeordneten binnen 15 Monaten 6,2 Prozent mehr Geld. Das gebe es bei keinen Tarifanpassungen, geschweige denn bei der Beamtenbesoldung.