Ein Appell von Sylke Heun

Liebe morgendliche Autofahrer,

ich möchte Sie Anteil nehmen lassen an meinem Leben. Von Montag bis Freitag stehe ich morgens so gegen 7.48 Uhr an der Ampel Saseler Markt/Saseler Parkweg. Mein Sohn, 6, und ich warten auf Grün, und ziemlich oft ist dieses Gespräch zu hören. Er: "Guck mal, der ist bei Rot gefahren." Ich: "Ja, habe ich gesehen." Er: "Das ist doch verboten. Und was passiert jetzt?" Ich: "Nichts. Wenn die Polizei da wäre, würde sie schimpfen."

An guten Tagen nehmen wir es sportlich und versuchen uns das Nummernschild zu merken. An schlechten stehen wir genervt im Nieselregen und warten einfach auf unser Grün.

Manchmal werde ich dann gefragt, ob wir nachher noch zur Eisdiele gehen. Die befindet sich gleich neben der Kreuzung und ist der ideale Standort für den Rote-Ampel-Fenstersport. Wer es schafft, innerhalb einer Eiskugel (mit Streusel, Smarties und Lolli) drei Über-Rot-Fahrer zu zählen, hat gewonnen.

Noch mehr als das nerven nur die Über-den-Zebrastreifen-Fahrer. Neulich habe ich bei einem ans Fenster geklopft und gefragt, was es außer zwei wartenden Erwachsenen und einem kleinen Mädchen mit weit ausgestrecktem Arm wohl noch bräuchte, um über einen Zebrastreifen gehen zu dürfen. Sein Mund sagte: "Ich habe Sie nicht gesehen." Sein Blick sagte: "Hysterische Zicke." Wenn Sie frühmorgens an der Ampel in meine Augen schauen sollten, dann steht da: "Bitte halten Sie an!"